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Aus: Ausgabe vom 08.05.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Großbritannien

Streikwoche bei den britischen Bahnen

Zwei Jahre nach Beginn des Arbeitskampfes macht Gewerkschaft ASLEF weiter Druck für bessere Löhne
Von Dieter Reinisch
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ASLEF-Generalsekretär Mick Whelan warf der Gegenseite am Dienstag vor, in »böswilliger Absicht« zu handeln

Bei den britischen Eisenbahnen kommt es in dieser Woche erneut zu Arbeitskämpfen. Die Mitglieder der Lokführergewerkschaft ASLEF haben am Dienstag damit begonnen, nacheinander bis Donnerstag bei 16 verschiedenen Bahngesellschaften für jeweils 72 Stunden die Arbeit niederzulegen. Seit Montag führt die Gewerkschaft zudem einen sechstägigen Überstundenboykott durch. »Es wird empfohlen, vor Reiseantritt zu überprüfen, ob die Züge verkehren, da es in einigen Gebieten zu Ausfällen kommen kann«, warnten die Bahngesellschaften.

ASLEF-Generalsekretär Mick Whelan warf der Regierung und den Bahnunternehmen vor, in »böswilliger Absicht« zu handeln, wie er der Tageszeitung Mirror (Dienstagausgabe) sagte. Sprecher der Eisenbahngesellschaften bezeichneten die Streiks als »unnötig«. Die Regierung behauptete sogar, ihr Lohnangebot kürzlich nachgebessert zu haben. ASLEF erklärte dagegen, es habe seit fast einem Jahr keine Gespräche mehr gegeben, nachdem ein Angebot abgelehnt worden sei.

Tatsächlich wurde den Lokführern im vergangenen Jahr eine Lohnerhöhung von acht Prozent über zwei Jahre angeboten. Diese Erhöhung war jedoch mit einer »Reform« ihrer Arbeitsverträge verbunden, die zu einer enormen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, der Sonderzahlungen, der Ruhezeiten und auch der Sicherheit geführt hätte. Whelan bezeichnete das Angebot damals als »Zerstörung aller Arbeitspraktiken«: »Ich habe mich einen Monat lang hingesetzt und alle roten Linien herausgestrichen, und dann hat jemand in letzter Minute den Deal geändert und sie alle wieder hineingeschrieben«, sagte er der BBC. Ein solches Verhalten, bei dem die Forderungen der Gewerkschaften einfach ignoriert würden, könne er nicht tolerieren. Und weiter: »Die Regierung und die Unternehmen sagen nicht die Wahrheit darüber, wie weit wir gekommen sind und wie sehr wir als Gewerkschaft versucht haben, zu einem Abkommen zu kommen.« Whelan fügte hinzu, dass eine bessere Bezahlung dazu führen würde, dass die Bahn »schneller und besser funktioniert und eine bessere Leistung erbringt«. Eine Einigung sei daher im Interesse aller.

Der Arbeitskampf für bessere Löhne, Sicherheitsstandards und die Instandhaltung der Schieneninfrastruktur jährt sich im Juni dieses Jahres zum zweiten Mal. Eine Einigung mit der ASLEF ist derzeit nicht in Sicht. Nach Angaben der Gewerkschaft haben die Beschäftigten »seit einem halben Jahrzehnt keine Lohnerhöhung mehr erhalten, während die Menschen, für die wir arbeiten – die Unternehmer, die Leute in den Aufsichtsräten und Vorständen, aber auch die Politiker in der Regierung –, Gewinne in Höhe von Hunderten Millionen Pfund verkünden und Dividenden an die Aktionäre ausschütten, ohne ein Umsatz- oder Leistungsrisiko einzugehen«.

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