junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Gegründet 1947 Sa. / So., 18. / 19. Mai 2024, Nr. 115
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben
junge Welt: Jetzt am Kiosk! junge Welt: Jetzt am Kiosk!
junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Aus: Ausgabe vom 07.05.2024, Seite 5 / Inland
Ausgleichszahlung für CO2-Preis

Klimageldversprechen wartet auf Einlösung

Ampel hatte Projekt im Koalitionsvertrag beschlossen – bislang ist aber noch nichts passiert
Von Wolfgang Pomrehn
imago0472450321h.jpg
Sie eiern rum: Die Ampel bleibt das Klimageld weiter schuldig

Mit phantasievollen Aktionen vor den Parteizentralen der Berliner Koalition hat das globalisierungskritische Netzwerk ATTAC am Montag die sofortige Auszahlung des sogenannten Klimageldes gefordert. »Stoppt den Eiertanz – 290 Euro Klimageld jetzt!«, so das Motto des Protests. SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen hatten das Klimageld 2021 in ihrem Koalitionsvertrag versprochen: Höhere Energiekosten, die durch einen Aufpreis auf Kraftstoffe für die Treibhausgasemissionen entstehen, sollten damit kompensiert werden. Schon die Vorgängerregierung hatte 2019 ähnliches versprochen.

Allein – beim Bürger ist bisher nichts angekommen. Seit 2021 werden die CO2-Emissionen wie schon zuvor in Teilen der Industrie auch im Verkehr und bei der Gebäudeheizung mit einem Preisschild versehen. Seit Jahresbeginn liegt der Preis bei 45 Euro und wird im nächsten Jahr auf 55 Euro pro Tonne steigen. Eingetrieben wird das Geld über die Händler von Brenn- und Kraftstoffen, die ihre Kosten auf die Kunden umlegen. 10,7 Milliarden Euro wurden damit 2023 eingenommen, nach 6,4 Milliarden Euro im Vorjahr.

Bisher fließt dieses Geld vollständig in den Klima- und Transformationsfonds, aus dem allerlei Projekte zur Einführung einer Wasserstoffwirtschaft, zur Förderung von Infrastruktur für Elektroautos und zur Unterstützung der Halbleiter- und Mikroelektronikindustrie finanziert werden. Da bisher die Einnahmen deutlich überwogen und auch die Einkünfte aus dem Emissionshandel der Industrie und der Kraftwerke in diesen Topf fließen, haben sich nach Angaben der Ampelregierung bereits 49 Milliarden Euro angesammelt.

Eigentlich war mal die Idee, zumindest das Geld aus dem nationalen Emissionshandel, also die auf Brenn- und Kraftstoff erhobenen Aufschläge, an die Bürger zurückzugeben. Wenn dies in Form eines pauschalen Klimageldes für alle Bürger erfolgen würde, wie es von Umweltökonomen vorgeschlagen wird, könnte dadurch sogar ein positiver Umverteilungseffekt entstehen. Denn für gewöhnlich steigen die persönlichen CO2-Emissionen deutlich mit dem Einkommen. Ein pauschales Klimageld würde also die weniger Wohlhabenden doppelt für ihren geringeren Energieverbrauch belohnen. Zudem würde es helfen, die zum Teil extremen Belastungen durch die in den vergangenen Jahren auch aus anderen Gründen gestiegenen Energiekosten abzumildern.

So sollte das nach Willen der Ampel eigentlich aussehen, doch passiert ist bisher nichts. Mitte April setzte sich Finanzminister Christian Lindner (FDP) dann endgültig gegen seine Koalitionspartner durch: Wie er bereits im Vorjahr verkündet hatte, wird es das Klimageld erst 2025 geben. Entsprechend hatten die ATTAC-Mitglieder am Montag morgen mit ihrem Protest als erstes Station bei der FDP gemacht. Dort fand sich allerdings niemand zu einem Gespräch bereit. Trotz vorheriger Anfrage mochte im Hans-Dieter-Genscher-Haus keiner mit den Aktivisten über das Regierungsversprechen diskutieren.

»Wir haben den Eiertanz der Ampel satt. Wir fordern jetzt eine verbindliche Aussage, wann und wie das versprochene Klimageld kommt. Denn nur, wenn die Menschen das Gefühl haben, dass es sozial gerecht zugeht, werden sie die dringend notwendigen Maßnahmen zum Klimaschutz mittragen. Die Schmutzkampagne gegen das Gebäudeenergiegesetz hat gezeigt, wie CDU, AfD und die Fossillobby – medial angeführt von der Bild-Zeitung – die tiefe Verunsicherung der Menschen über die sozialen Folgen der Energiewende schamlos ausnutzen. Das sollte der Regierung eine Lehre sein«, meinte Achim Heier von der ATTAC-Kampagnengruppe Klimageld.

Heier wirft der FDP auch eine Blockadepolitik vor. Durch ihr Festhalten an der Schuldenbremse sei die Partei dafür »verantwortlich, dass wichtige Investitionen für eine sozial-ökologische Umgestaltung nicht finanziert werden«. Vergangene Woche erst hatte die OECD die Bundesregierung ermahnt, Schuldenbremse und Subventionen wie das Dienstwagenprivileg abzuschaffen, um Mittel für notwendige Investitionen zu mobilisieren.

Tageszeitung junge Welt am Kiosk

Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe. Alle Standorte finden Sie unter diesem Link.

  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Gottfried W. aus Berlin (7. Mai 2024 um 19:08 Uhr)
    Die Verweigerung der Rückzahlung der Treibhausgas Besteuerung ist ein klarer Diebstahl. Wortbruch bei der Ampel wie üblich.

Ähnliche:

Mehr aus: Inland