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Aus: Ausgabe vom 03.05.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Staatsfeind Fußballfan

»Kritisches Korrektiv fehlt«

Faninitiative streitet um Vereinstradition und opponiert gegen Einflussnahme beim Linzer ASK. Ein Gespräch mit Christian Waldhör
Von Interview: Oliver Rast
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LASKer Anhängerschaft in Rage: Waschtabs von den Rängen auf den Rasen – Folge: Spielunterbrechung (Graz, 7.4.2024)

Die Klubführung des Linzer ASK, konkret die GmbH-Spitze der Profiabteilung, hatte im April nach einem Gastaufritt des LASK bei Sturm Graz sechs Hausverbote gegen aktive Fans verhängt – unter anderem gegen Sie. Unbefristet, wohlgemerkt. Warum?

Beim Bundesligaspiel am 7. April in Graz sorgte eine Pappwaschmaschine symbolisch dafür, dass sponsorfarbene Trikots gewaschen wurden. Dazu wurden Waschtabs aufs Spielfeld geworfen, um zusätzlich Aufmerksamkeit zu schaffen. Daraufhin wurden seitens der LASK GmbH fünf Personen Hausverbote erteilt, die im Dachverband der Fanszene (»Landstrassler«, jW) Positionen bekleiden. Ich bin Sprecher der Initiative Schwarz-Weiss, die den Einfluss der Sponsoren kritisch begleitet. Ein Bericht auf unserer Homepage wurde als Bekennerschreiben gewertet, womit das Hausverbot gegen mich begründet wurde, das dann insgesamt sechste.

Wie ist das in Linz: Proteste für Fanrechte, häufig und üblich?

Die aktuellen Proteste entwickelten sich erst durch die Hausverbote zu Protesten für Fanrechte. Ansonsten geht es vor allem um den steigenden Einfluss von Sponsoren beim LASK, der kein klassischer Mitgliederverein ist. Mitbestimmung der Fans gibt es nur auf anderen Wegen. Bereits in den 90ern gab es Demos gegen eine geplante Fusion mit dem Stadtrivalen, später österreichweite Proteste gegen das Pyrotechnikgesetz und Stadionverbote, oder auch gegen den ehemaligen Klubpräsidenten. Beim LASK ist immer was los, steht aber nur teils direkt im Zusammenhang mit Fanrechten.

Ihre Initiative Schwarz-Weiss hat sich etwa gegründet wegen der Trikotfarbe des Klubs. Was ist daran wichtig?

Ein Sponsor des LASK lässt ein Trikot in seiner Farbe färben und bestimmt damit den Auftritt des Klubs mit. Dieser Einfluss auf den Verein ist für uns gefährlich. Der farbliche Auftritt unseres Vereins sollte sich an den eigenen, historischen Farben ausrichten. Die machen seine Geschichte aus, nicht durch Sponsoren austauschbare.

Woher kommt der Zwist zwischen Klubbossen und Fans beim LASK?

Seit dem Einstieg der aktuellen Führung ist der LASK sportlich erfolgreich. Die zuvor unvorstellbaren Erfolge haben aber das Konstrukt »Alle ziehen an einem Strang« teils kaschiert. Dadurch fehlt erkennbar ein kritisches Korrektiv innerhalb des Vereins. Aufgrund der fehlenden Mitgliederstrukturen finden Fans kaum Gehör, die im Stadion erhobene Stimme wurde von der Vereinsführung ignoriert. So entstand diese wechselseitige Ignoranz, da ehrliche Gespräche auf Augenhöhe nicht vorstellbar waren. Das hat sich nun hoffentlich geändert.

Offenbar, denn die Klubführung ist zurückgerudert, hat die Hausverbote annulliert. Ferner endete der Stimmungsboykott der aktiven Fanszene. Ist nun alles gut?

Durch die große Aufmerksamkeit der vergangenen Wochen gab es für beide Seiten keine andere Möglichkeit, als sich endlich an einen Tisch zu setzen. Erstmals seit Jahren kamen Fanszene und der wichtigste Entscheidungsträger im Verein, CEO Siegmund Gruber, wieder zusammen. Im Erstgespräch wurde sich darauf geeinigt, die willkürlichen Hausverbote aufzuheben und den Dialog aufzunehmen, wenn es im Gegenzug zu keinen Spielunterbrechungen wie in Graz mehr käme. Da dies bei konstruktiven Gesprächen ohnehin nicht im Sinne der Fanszene wäre, wurde dem zugestimmt. Mit der Zusage zu weiteren Gesprächen hob die Fanszene den Stimmungsverzicht auf. Damit sind die jahrelangen Meinungsverschiedenheiten nicht vergessen, weil die Gründe des Protests fortbestehen. Dennoch ist mit der Gesprächsbereitschaft ein erster Schritt getan. Nun gilt es, gewissermaßen die junge Pflanze des Dialogs zu gießen, zum Wachsen zu bringen.

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