Unterm römischen Daumen
Von Bernhard KrebsDer Ständige Rat der Bischofskonferenz der katholischen Kirche in Deutschland, in dem die Ortsbischöfe aller 27 Bistümer vertreten sind, hat am Montag die Satzung für das Reformgremium »Synodaler Ausschuss« verabschiedet, wie am Donnerstag bekannt wurde. Eigentlich sollte die Satzung bereits im Februar auf der Frühjahresversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Augsburg verabschiedet werden. Doch aus dem Vatikan, dem Machtzentrum der katholischen Weltkirche, waren die deutschen Bischöfe per Brief zurückgepfiffen worden, eine Ratifizierung wurde faktisch verboten. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, beugte sich dem römischen Diktat und nahm die Abstimmung damals von der Tagesordnung. Im März fuhr er dann zu Gesprächen nach Rom, wo er offenbar über Auswege aus der verfahrenen Lage beraten hat.
Ziel des Synodalen Ausschusses ist es, die Gründung eines sogenannten Synodalen Rats vorzubereiten, in dem die Bischöfe künftig gemeinsam mit Laienvertretern aus dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) beraten und entscheiden sollen. Der Vatikan hält davon allerdings nichts, liegt in der streng hierarchisch organisierten katholischen Kirche die Entscheidungsbefugnis doch allein bei den Bischöfen und letztlich beim »unfehlbaren« Papst. Das ZdK hingegen will – als Konsequenz aus dem Skandal um von Priestern an Kindern verübte sexualisierte Gewalt – auf eine Kompetenz zur Mitbestimmung unter keinen Umständen verzichten. Der sogenannte Missbrauchsskandal wird auch darauf zurückgeführt, dass die kirchliche Macht allein in den Händen der Kleriker konzentriert ist, ohne dass es eine Kontrollinstanz gäbe.
Bei konservativen Hardlinern unter den deutschen Bischöfen kommt das Votum nicht gut an. Neben dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki boykottieren auch die Bischöfe Gregor Maria Hanke aus Eichstätt, Stefan Oster aus Passau und Rudolf Voderholzer aus Regensburg eine Mitarbeit im Synodalen Ausschuss. In einer auf der Website des Erzbistums Köln veröffentlichten Erklärung der vier heißt es, dass ein Synodaler Rat »nicht mit der sakramentalen Verfassung der Kirche vereinbar sei«. Weiter sind sie der Auffassung, dass mit ihrem Abstimmungsboykott nicht die DBK, sondern lediglich 23 Diözesanbischöfe Träger des Synodalen Ausschusses seien. Unterstützung erhielten sie von der Wochenzeitung Die Tagespost. Im Onlineauftritt des rechtskatholischen Organs aus Würzburg ätzte eine Kommentatorin am Donnerstag: Das nicht einstimmige Votum des Ständigen Rats der Bischofskonferenz spiegle das »Faustrecht« des Mehrheitsprinzips wider.
Trotz des bischöflichen Votums für die Satzung scheint die Fortführung des Reformprozesses aber noch lange nicht in gesichert. Aus Sicht des Theologen Daniel Bogner von der Schweizer Universität in Fribourg habe sich die deutsche katholische Kirche »vor allem Zeit gekauft«. Denn Bätzing habe bei seinem Gespräch im März zugesichert, alle Reformschritte eng mit Rom abzustimmen. Ob der Vatikan es schlussendlich akzeptieren würde, wenn die deutsche Kirche »ihre Strukturen verbindlich und dauerhaft mit Elementen von Gewaltenkontrolle« versehe, sei unklar, so Bogner am Freitag gegenüber dpa. Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller, selbst Mitglied des Synodalen Ausschusses, stieß ins selbe Horn: Egal was im Synodalen Ausschuss beschlossen werde, Rom habe »den Daumen drauf«.
Umfragen zeigen immer wieder, dass eine überwältigende Mehrheit der deutschen Katholiken weitgehende Reformen erwartet, wie mehr Mitbestimmung oder einen positiven Umgang mit Homosexualität. In der Weltkirche mit ihren 1,3 Milliarden Mitgliedern gehören sie zu den »Progressiven«. Am anderen Ende der Skala stehen ultrakonservative Katholiken etwa aus lateinamerikanischen und afrikanischen Ländern, die Homosexualität hart bestraft sehen wollen.
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