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Schöne Westreise

Von Andreas Gläser
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In den Farben vereint, in den Strandkörben getrennt: Hertha gegen Hansa (Berlin, 12.4.2024)

Bundesliga zwei, Erik und ick waren dabei. Hertha BSC gegen Hansa Rostock, ein Spiel mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen. Wir trafen uns klassisch auf dem Alex an der Weltzeituhr, um mit der Untergrundbahn in den Nordwesten der Stadt zu rollen. U2, dunkle Heimatlinie. Die S-Bahn zu nehmen, während der Fahrt rauszukucken und am Stadion ins Olympia-Eck zu gehen, das war an diesem Freitag abend schwierig, wegen der polizeilich verordneten strikten Trennung der etwa 20.000 Meck-Pomm-People von den 40.000 Berlin-Brandenburgern. Es gäbe Pufferblöcke, die zusätzlich mit Fangnetzen von den Nachbarblöcken gesichert wurden. Ausverkauft hieß dieses Mal nicht 74.000, sondern 62.000 und ein paar Zerquetschte. Gefallen hat mir beim Spaziergang zur Olympiaschüssel an einem Bierstand die etwa zehnköpfige Reisegruppe, bei der jeder ein anderes Trikot trug, von Celtic über Anderlecht und Leicester bis zu einigen nicht auszumachenden Vereinen. Ein echt lockerer Bund. Man sprach Englisch.

Im Stadion hatten Erik und ick zwei Plätze im Oberring, zwar fern vom Rasen, aber für halbwegs volksnahe 25 Euro. Fand ick in Ordnung, jetzt kann der Hertha-Trainer mit Frauchen ins Kino gehen. Die 20.000 Gästefans machten anfangs einen auf Einheitslook. Der Block links vom Marathontor ganz in Weiß, der Rechte in Blau. Einige Umstehende feixten, so eine koreanische Choreographie würde man in Berlin zum Glück nicht hinkriegen.

Zum Anpfiff ließen die Gäste blau-weiße Nebelschwaden aufsteigen, die sich so schnell nicht verziehen würden und weder nach Thymian noch nach Eukalyptus rochen. Erik und ick brauchten neues Bier. Es war teuer, aber irgendwann merkte man das nicht mehr so. Das Spiel, nun ja, bei der launischen alten Dame Hertha BSC wusste man nie. Schrecken aller Zocker. Aber der Auftritt war solide, die Tore beim 4:0 fielen so beruhigend gleichmäßig. Von den zuletzt erstarkten Hanseaten kam erschreckend wenig. An der Strafraumgrenze ließ die Angriffswucht nach, das war bis kurz unter dem Stadiondach ersichtlich. Doch Hansa dürfte die Klasse halten können und Hertha auch. Man trifft sich immer wieder. In den Farben vereint, in den Strandkörben getrennt. Oder wie das auf Szenechinesisch heißt: »Wir sind blau-weiß …« Da können zehn Millionen Deutsche mitsingen. Danach zurück mit der S-Bahn. Dank Siegerprivileg. Lustig war die Reise zum Alkopole am Alex. Es gab einige güldene Biere, drei bunte Likörchen … »Erik, ick hab’ keen Jeld mehr.« – »Ejal, wie kommste na’ Hause?« – »Mit Rad.« – »Pass uff, dass nich’ nur der Sonnabend futsch is’.«

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