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Aus: Ausgabe vom 12.04.2024, Seite 11 / Feuilleton
Ballett

In Schönheit schwelgen

David Dawson studiert am Ballett Dortmund zwei seiner Stücke ein
Von Gisela Sonnenburg
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Szenenbild aus David Dawsons Ballett »Voices«, 2021 am Staatsballett Berlin

Ballettkönner David Dawson, geboren in England, wohnhaft in Berlin, berufstätig fast in der ganzen Welt, pflegt einen poetisch-ästhetischen Stil. Da ist nichts dem Zufall überlassen. Mit Dawson schwelgt man in Schönheit und Besonnenheit. Inhaltlichem verweigert er sich aber nicht. Mal sind es die Menschenrechte, mal verschreibt er sich ganz der Liebe. Zwei seiner Werke, »Metamorphosis« und »Affairs of the Heart«, studiert er derzeit beim Ballett Dortmund ein. Am 13. April ist Premiere, einen Vorgeschmack gab es vergangenen Sonntag bei der Matinee im Ballettzentrum Westfalen.

Dramaturgin Helena Sturm ­befragte zunächst die wandelnde Legende Christiane Marchant. Die Belgierin tanzte bei Maurice Béjart und John Neumeier, studierte dann Sprachen und das Ballettlehren. Als Ballettmeisterin wurde sie von Antwerpen aus bekannt, traf dort auch Dawson. Der engagierte sie prompt als Assistentin. Eine fruchtbare Zusammenarbeit. Inzwischen studiert sie freiberuflich seine Stücke ein, etwa das während der Pandemie entstandene »Metamorphosis«.

Es geht um den Umgang mit einer Krise. Ballerina Sae Tamura und ihr Tanzpartner Guillem Rojo i Gallego zeigen eine Kostprobe. Zu Beginn steht sie vorn links, er hinten rechts. Aber sie finden sich, mit suchenden, sehnsüchtigen Gesichtern. Eine erhobene Hand signalisiert eine Bitte. Ein anderes Mal flüstert die Frau ihrem Partner etwas ins Ohr. Die Intimität zwischen beiden kulminiert in raffinierten Hebungen: Kopfüber schwebt Tamura im Spagat, während er sie dreht und wendet.

Ana-Maria Dafova spielt Klavier, die Musik stammt vom Philip Glass. Man sieht und spürt: eine Utopie. So sollen Menschen sich respektieren. Um die erotische Liebe geht es im zweiten Stück. »Herzensangelegenheiten« entstand 2022 in München. Dawson betritt das Studio. Welcher Moment beim Stückemachen für ihn besonders sei, fragt die Dramaturgin. »Die Premiere!« Weil er dann sehe, ob er die richtige Form für den Inhalt gefunden habe, sagt Dawson.

Sein Wissen ist entscheidend. Schlüsselbegriffe der Romantik verwendet der Brite auf deutsch: »Leidenschaft«, »Sehnsucht«, »Hoffnung«, »Liebe«. Die Musik zu »Affairs of the Heart« stammt von Marjan Mozetich. Acht Tänzer tanzen den zweiten Satz, am Ende steht ein maliziöser Pas de deux mit Daria Suzi und Javier Cacheiro Alemán. Der Mann schleift, hebt, dreht die Ballerina, wandelt mit ihr somnambul durchs Spielfeld. Die Körper scheinen nicht von dieser Welt. Bravo.

Die Matinee steht bis zum 13.4. ­online auf theaterdo.de

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