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Aus: Ausgabe vom 15.03.2024, Seite 8 / Ansichten

Ikarus des Tages: Geert Wilders

Von Gerrit Hoekman
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Prüft die Lage: Geert Wilders (Den Haag, 23.11.2023)

»Ich kann nur Premier werden, wenn alle Parteien in der Koalition das unterstützen. Dem war nicht so.« Mit diesen Worten erklärte Geert Wilders am Mittwoch via X seinen Verzicht auf das Amt des Regierungschefs. »Ich möchte gerne ein rechtes Kabinett. Weniger Asyl und Migration. Die Niederlande auf eins.«

Nanu, auf einmal so kleinlaut, Meneer Wilders? Sie sitzen seit 1998 in der Tweede Kamer und sind inzwischen der Nestor, wie in den Niederlanden der dienstälteste Abgeordnete genannt wird. In dieser langen Zeit waren Sie nie ein Leisetreter, sondern sind mit knackigen Bemerkungen zum Islam aufgefallen. Unvergessen Ihr schelmischer Aufruf für weniger Marokkaner im Land: »Minder, minder, minder!« Das hat ihnen ein Gerichtsverfahren wegen Schürens von Hass eingebracht. Hat Sie das etwa beeindruckt? I wo.

Aber auf einmal schmilzt Ihr Selbstvertrauen dahin wie die Flügel von Ikarus in der Sonne. Jetzt lassen Sie sich von einem gewissen Pieter Omtzigt auf der Nase herumtanzen. Verzichten auf das Amt, weil es dem Kerl aus Enschede nicht gefällt. Ausgerechnet Sie, der Leuchtturm des Abendlandes, der mit 195 Zentimetern Körpergröße fast jedes Minarett in den Niederlanden überragt, knicken ein. Da werden Ihre Anhänger aber schön enttäuscht sein, die doch nach dem wahnsinnigen Wahlsieg im November bereits drauf und dran waren, jeden Koran im Land zu verbrennen und jeden Muslim mit Mistgabeln in die Nordsee zu treiben.

Die Art und Weise, wie Sie Ihren traurigen Tweet am Mittwoch aber beendeten, zeugt wiederum von echter Klasse: »Die Liebe zu meinem Land und meinen Wählern ist groß und wichtiger als mein eigenes Amt. Ich liebe NL.« Seien Sie versichert, Meneer Wilders, auch wir lieben die Niederlande. Nachdem Sie jetzt nicht Premierminister werden wollen, sogar noch mehr als vorher.

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