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Aus: Ausgabe vom 15.03.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Militärisch-industrieller Komplex

Kriegsgerät ist Kassenschlager

Weltweiter Waffenhandel: Rüstungsexporte der USA an Verbündete steigen auf 42 Prozent
Von Jörg Kronauer
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Produktion von Geschosshülsen in der Scranton Army Ammunition Plant in Pennsylvania (Dezember 2023)

Die US-Rüstungsexporte steigen von Rekordmarke zu Rekordmarke. Das Stockholmer Forschungsinstitut SIPRI stellte in seinem zu Wochenbeginn veröffentlichten Jahresbericht zum internationalen Waffenhandel fest, im Fünfjahreszeitraum von 2019 bis 2023 hätten die USA die Ausfuhr von Kriegsgerät um rund 17 Prozent gegenüber dem Fünfjahreszeitraum zuvor (2014 bis 2018) ausweiten können. Damit sei ihr Anteil am globalen Rüstungsexport von 34 Prozent auf bemerkenswerte 42 Prozent gewachsen. Fünfjahreszeiträume zur Grundlage für Vergleiche zu machen ist in der Branche sinnvoll, weil der Kauf besonders teurer Waffensysteme – etwa Kampfjets oder Kriegsschiffe – einzelne Jahreswerte verzerren kann. Doch völlig unabhängig davon, ob verzerrt oder nicht: Die US-Rüstungsexporte erreichten auch im Einzeljahr 2023 einen neuen Rekordwert; sie stiegen steil um 16 Prozent auf 238 Milliarden US-Dollar.

Den Anstieg verdanken die Vereinigten Staaten, deren Absatz im Nahen und Mittleren Osten, ihrem traditionellen Absatzmarkt Nummer eins, im Fünfjahreszeitraum von 2019 bis 2023 deutlich zurückging, einer Zunahme der Verkäufe in der Asien-Pazifik-Region und besonders in Europa. Deutlich stiegen ihre Rüstungsexporte an Verbündete in ihrem Machtkampf gegen China, vor allem an Australien, Südkorea und Japan. Tokio nahm – ein Plus von 161 Prozent – zuletzt 9,5 aller US-Rüstungsexporte ab. Die Ausfuhren militärischer Güter nach Europa aber schnellten sogar um mehr als 200 Prozent in die Höhe. Der Grund? Neben dem Ukraine-Krieg die massive Aufrüstung gegen Russland, die 2014 an Fahrt gewann und 2022 nahezu explodierte. Der Anteil der Vereinigten Staaten an Europas Waffenimport wuchs von 35 Prozent (2014 bis 2018) auf 55 Prozent (2019 bis 2023). In der EU lag er zuletzt – zwischen dem 24. Februar 2022 und Juni 2023 – bei stolzen 63 Prozent.

Unmut löst das vor allem in Frankreich aus. Hielten deutsche Konzerne in den Jahren von 2019 bis 2023 immerhin noch einen Anteil von 6,4 Prozent an der gesamten europäischen Rüstungseinfuhr, so schaffte die französische Konkurrenz gerade einmal 4,6 Prozent. Zwar ist Frankreichs Rüstungsindustrie durchaus stark; sie stieg in der Zeit von 2019 bis 2023 zum zweitgrößten Waffenexporteur weltweit nach den USA auf. Doch stützte sie sich dabei überwiegend auf Rüstungsausfuhren in Staaten jenseits Europas und Nordamerikas: Rund 42 Prozent gingen nach Asien und in die Pazifikregion – 29 Prozent alleine nach Indien –, 34 Prozent in den Nahen und Mittleren Osten und bloß 9,1 Prozent nach Europa. Das wog um so schwerer, als 53 Prozent aller Exporte nach Europa einzig und allein auf den kostspieligen Verkauf von 17 »Rafale«-Kampfjets an Griechenland zurückzuführen waren. Frankreichs Rüstungsindustrie war auf ihrem europäischen Heimatmarkt erstaunlich schwach.

Ein wichtiger Grund dafür liegt darin, dass die Aufrüstung gegen Russland so schnell wie möglich vonstatten gehen soll; man muss also kaufen, was vorhanden ist – US-Kampfjets vom Typ »F-35« etwa, denn das deutsch-französische Konkurrenzprodukt FCAS wird frühestens 2040 erhältlich sein. Ähnlich sieht es bei anderen Waffensystemen aus. Was tun? Die Lösung, auf die Paris verfallen ist, besteht darin, mit Hilfe der neuen Rüstungsstrategie der EU (European Defence Industry Strategy, EDIS) Druck zu machen, in Zukunft dem Waffenimport aus anderen Mitgliedstaaten Vorrang vor dem Import aus den USA einzuräumen. Ob’s klappt, wird man sehen.

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