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Aus: Ausgabe vom 13.03.2024, Seite 16 / Sport

Gladiatorinnen

Von André Dahlmeyer
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Weibliche Fankurve im Azadi-Stadion in Teheran beim Länderspiel Iran gegen Kambodscha (10.10.2019)

Einen wunderschönen guten Morgen! In der iranischen Persian Gulf League wurde heute morgen erstmals eine Schiedsrichterin im Männerfußball eingesetzt. Mahsa Ghorbani heißt die Frau. Auf dem Platz trägt sie normalerweise so eine Art schwarze Badekappe (nicht grün!). Sie wurde nicht für irgendein Spiel nominiert, sondern für den Klassiker des iranischen Fußballs zwischen den Teheraner Teams von Persépolis und Esteghlal. Die staatliche Nachrichtenagentur IRNA verbreitete, dass ihre Rolle jedoch beschränkt sei, da sie lediglich Teil des Videoschiedsrichterteams sei. Nun hat dieser natürlich weltweit längst mehr Macht als das Schiriteam auf dem Rasenrechteck. Früher verschoben in der Regel Linienrichter die Matches, heute ist es der VAR, deshalb hat die Verbrecherorganisation FIFA den schließlich eingeführt, da der Geldfluss in bekannte und weniger bekannte Steuerparadiese zeitweilig stockte.

Mahsa Ghorbani ist gut in ihrem Job. Sie hat bereits im Asien-Cup der Frauen gepfiffen und bei der letzten Frauen-WM. Für nicht wenige Fachleute ist das Teheran-Derby nicht nur das wichtigste Match im Iran, sondern das wichtigste Spiel Asiens. Der Arbeiterklub Persépolis ist mit 15 Titeln der Rekordmeister des Iran. 2018 und 2020 wurde der Verein Vizeasienmeister. Esteghlal war in seiner Gründerzeit quasi ein staatlicher Klub, wurde neunmal Meister und gewann 1970 und 1991 die asiatische Champions League. Beide Klubs liegen bei direkten Vergleichen (seit 1968) statistisch fast gleich auf, Persépolis hat vier Siege mehr errungen. Aktuell führt Esteghlal, für die auch der Argentinier Gustavo Blanco Leschuk (Ex-Arsenal, Ex-Merlo) aufläuft, die Tabelle nach 18 Spieltagen mit drei Punkten Vorsprung vor Persépolis an.

In der Islamischen Republik Iran war vierzig Jahre lang die Präsenz von Frauen in Fußballstadien verboten. Ein Tabu, das erst 2019 in einem Match zwischen dem Iran und Kambodscha, bei dem 3.500 ausgewählte Frauen partizipieren durften, Geschichte wurde. Der größte Konzern der Welt, FIFA mit Sitz am Spritzensee in Zürich, proklamierte diese »Errungenschaft« für sich. Bonzen sind nur manchmal dumm. Im Januar 2022 wurde dann unter dem Schmiergelddruck aus Zürich erneut die Assistenz von angeblich 2.000 Frauen in einem Länderspiel zwischen dem Iran und dem Irak zugelassen. Ausgerechnet.

Beim Weltmeister der Männeken, Argentinien, begann am Weekend die Meisterschaft der Frauen, ein Campeot ohne Rückspiele, Silberland-Style. Bei River Plate gab es einen Trainer­wechsel, Kalklinienzampano ist nun Ignacio Lacal, verstärkt wurde sich vor allem mit der Japanerin Egashira Ichika. River hat ein Aufgebot von 27 Spielerinnen, 20 davon haben einen Profivertrag. Was Frau verdient ist dennoch unterirdisch. Beim viermaligen Meister und Pokalsieger Boca Juniors, den »Gladiatorinnen«, hat nur eine Frau keinen Profivertrag. Unter dem Strich sieht es nicht besser aus. Während der Pandemie wurde im argentinischen Frauenfußball ein Richtungswechsel vollzogen. Seitdem müssen mindestens 15 Spielerinnen jedes Teams bei der AFA, dem silberländischen Balltretverband, einen Profivertrag registriert haben.

Neu ist in diesem Turnier die Präsenz der aufgestiegenen Newell’s Old Boys und vom San Luis FC. María Victoria Vives, Kapitänin von Newell’s, sagt; »Mutti gefiel es gar nicht, dass ich Fußball spielte. Sie war anders erzogen worden, das war ne andere Epoche.« Der Aufstieg von Newell’s ist nicht irgendwas. Am zwölften Spieltag kommt es zum ­Santa-Fe-Klassiker zwischen Newell’s und Rosenkranz Central. Darauf wartet eine ganze Provinz.

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