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Aus: Ausgabe vom 15.02.2024, Seite 2 / Inland
Münchner Friedenskonferenz

»Es wird klar, dass sie politisch nicht gewollt ist«

Bayern: Gegenveranstaltung zur NATO-Sicherheitskonferenz in München bangt um Förderung durch die Stadt. Ein Gespräch mit Maria R. Feckl
Interview: Fabian Linder
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Insgesamt rund 1.500 Menschen demonstrieren in München gegen Waffenlieferungen und die »Sicherheitskonferenz« (18.2.2023)

Als Gegenstück zu der am Wochenende stattfindenden NATO-Sicherheits­konferenz organisieren Sie die Internationale Münchner Friedenskonferenz. Was haben Sie geplant?

Während Politiker bei der Sicherheitskonferenz hinter verschlossenen Türen über »Frieden« und »Sicherheit« reden, wollen wir mit einem reichhaltigen Programm darüber diskutieren, wie wir als Zivilgesellschaft Frieden gestalten wollen. Mit dabei sind etwa die irische Europaabgeordnete Clare Daly, die über die europäische Flüchtlingspolitik spricht. Die belarussische Menschenrechtsaktivistin Olga Karach wird über Kriegsdienstverweigerer und Deserteure in der Ukraine, Russland und Belarus berichten. Michael von der Schulenburg spricht als ehemaliger deutscher Diplomat zu Möglichkeiten des Friedens in der Ukraine. Und der frühere griechische Finanzminister Yanis Varoufakis referiert über das alternative Konzept blockfreier Staaten.

Gegenwärtig bangen Sie um städtische Förderung. Dem voraus ging ein Antrag von Stadtratsabgeordneten der Grünen und der SPD. Welche Begründung führen diese an?

Die Begründung einer »aufgabenkritischen Überprüfung« verweist auf klamme Kassen der Kommune. Wir reden über 6.500 Euro bei einem Stadthaushalt von über acht Milliarden Euro. Hinzu kommt die Aufgabe der Stadt, Demokratie und Meinungsvielfalt zu fördern. Auch fehle angeblich der kommunale Bezug. Die Sicherheitskonferenz findet mit all ihren Unannehmlichkeiten wie Abrieglung der Innenstadt oder Versiegelung von Kanaldeckeln in München statt. Es werden hier weltpolitische Fragen diskutiert. Weshalb soll es nun also kein von der Stadt München gefördertes zivilgesellschaftliches Pendant mehr dazu geben? Die Kurzfristigkeit zeigt uns, und das sagt auch der Antrag dieser Stadträte, dass es politisch nicht gewollt ist, die Friedenskonferenz weiter zu fördern.

Aus dem Kulturreferat heißt es, man möchte künftig generell keine politischen Veranstaltungen mehr fördern.

Der Kulturreferent schreibt, es sei in der Diskussion gewesen. Nun kann ich nicht bestätigen, von dieser etwas mitbekommen zu haben. Darüber hinaus wäre es eine große neue Weichenstellung, die im Stadtrat diskutiert werden müsste. Es ist auch nicht ersichtlich, ob das alle politischen Veranstaltungen treffen wird, die bisher gefördert werden. Unsere bisherige Kommunikation war immer vertrauensvoll und gut. So wurde uns etwa mitgeteilt, dass die Rednerin Clare Daly diskutiert wurde, da dieses Jahr EU-Wahlen sind. Dennoch befand man das für in Ordnung, da Daly hierzulande nicht wählbar ist und es sich damit nicht um eine Wahlkampfveranstaltung handele. Für uns liegt nahe, dass im europäischen Wahljahr solche Referenten dazugehören.

Wurde Ihr Programm auch inhaltlich bemängelt?

Es gab in den bisherigen Äußerungen weder inhaltliche Kritik an unseren Themen noch an unseren Referenten. Die Kritik gibt es zwar an der ein oder anderen Stelle, allerdings wurde dies nie öffentlich an uns herangetragen. Das Organisationsteam hat sich aus Altersgründen fast komplett erneuert und wir gingen von einer Normalisierung der Beziehung zur Stadt München aus. Mona Fuchs, Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, kritisierte die Personen Clare Daly und Yanis Varoufakis hinsichtlich ihrer Positionen zu Waffenlieferungen in die Ukraine. Gegen diese Position ist in einem freiheitlich-demokratischen Diskurs nichts einzuwenden.

Zum Antrag der Kürzung steht eine Entscheidung noch aus.

Er zeigt dennoch Wirkung: Es wurden uns von weiteren Organisationen Fördergelder entzogen, die zugesichert waren. Hoffnung macht uns eine Welle der Solidarität, durch bereits eingegangene Spenden und öffentlichen Protest. Und es gibt einen Gegenantrag von Die Linke/Die PARTEI, welcher sehr gut auf den Punkt bringt, dass München die sogenannte Zeitenwende voranbringen will: Es soll nicht mehr über Frieden, Abrüstung und alternative Vorstellungen von Sicherheit geredet werden. Die Sicherheitskonferenz wird hingegen völlig unkritisch gesehen, im Gegensatz zur Friedenskonferenz, die nicht auf Regierungslinie ist.

Maria R. Feckl ist Projektleiterin der Internationalen Münchner Friedenskonferenz

kurzelinks.de/Petition-FriKo2024

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Roland W. aus Aue (15. Februar 2024 um 12:59 Uhr)
    »Nicht der allein mordet, der die Handgranate wirft. Auch der, der die Atmosphäre schafft, in der so etwas möglich ist.« Kurt Tucholsky, Dichter und Denker, gegen den Krieg, die Szenarien beschrieben, wie sie vor unserem Auge jetzt und heute ablaufen, hat Deutschland sehr viel namhafte besessen. Wer und was wurde daraus gelernt? Wer will heute daraus etwas lernen? Warum nennt sich die Konferenz noch Sicherheitskonferenz? Um welche Sicherheit geht es, wessen Sicherheit, Sicherheit gegen wen und womit? Mit Krieg, Rüstung und mehr Krieg, mit »totalem Krieg«, oder sind die Politstimmen ganz falsch zu verstehen? Woher kommen die kriegstreibenden Stimmen? Aus China? Von Russland, das Kriege satt genug erfahren hat? Wir sind Weltmeister, wie oft haben wir in diesem Lande sehnsüchtigst diesen Ruf vernommen bei jeder Gelegenheit. Wir wollen wieder Weltmeister bei Rüstung und Krieg sein. Wer zweifelt daran noch? Wir wollen auch siegen und Leute wie Kiesewetter sagen es deutlich genug, oder ist das auch falsch verstanden. Die Kriegsmeldungen jeden Tag vermitteln Gefühl und Eindruck, es können wieder welche nicht erwarten, dass zurückgeschossen wird. Derweil lässt diese Regierung gegen sich selbst protestieren gegen rechts, wie Wagenknecht richtig erkennt. Nicht gegen Faschismus und Krieg, gegen rechts. Wer braucht eigentlich AfD und Co. in diesem Lande noch? Adorno wußte das mit den Masken der Faschisten.
  • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (15. Februar 2024 um 08:01 Uhr)
    Als das Interview aufgenommen wurde, war vermutlich noch nicht bekannt, dass auch der chinesische Außenminister Wang Yi an der Sicherheitskonferenz teilnehmen wird. An der Forderung zur Förderung der Friedenskonferenz ändert das natürlich nichts. Allerdings sollte die inhaltliche Konzeption durchgesehen und ggf. überarbeitet werden. Beispielsweise ist die Bezeichnung »NATO-Sicherheitskonferenz« nun nicht mehr zutreffend. Außerdem sollte bekannt gemacht werden, dass China von den auf Transparenten und Plakaten geäußerten Protesten selbstverständlich ausgenommen ist. Denn bekanntlich reagiert die chinesische Partei- und Staatsführung sehr verärgert auf Kritik.