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Aus: Ausgabe vom 07.02.2024, Seite 16 / Sport

Der Fall Dani Alves

Von André Dahlmeyer
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Streitet alles ab: Daniel »Dani« Alves vor Gericht in Barcelona (Dezember 2022)

Einen wunderschönen guten Morgen! Am Montag begann vor dem Landgericht in Barcelona der Prozess gegen den brasilianischen Fußballstar Dani Alves wegen sexueller Aggression. Auf seiner Position, der des rechten Außenverteidigers, gehört er vermutlich zu den sieben, acht besten in der Geschichte des Ball­tretens. Alves war ein Aushängeschild des FC Barcelona. Seine U-Bahn-Performance beim Champions-League-Finale 2015 in Berlin war legendär.

Was derart viele Multimilliardäre (Tendenz steigend) dieses lukrativen Rasenballsports dazu treibt, zu glauben, sie würden sich in einem rechtsfreien Raum bewegen, hat Soziologen bislang vermutlich zu sehr gelangweilt. Nicht wenige dieser Typen hängen einem fatalen Irrglauben an. Sie denken, wenn sie erwischt werden, wäre das wurscht. Dass sie stets straflos davon kommen sollten. Als hätten sie gerade in einem Pornokino, sagen wir in Wolfenbüttel, einem schummerigen Nachbarn dessen Popcorn stiebitzt. Sonst nix.

Dani Alves wird beschuldigt, am 30. Dezember 2022 eine damals 23jährige in der Toilette eines Nachtklubs in Barcelona zum Sex gezwungen zu haben. Der 40jährige Alves, der bei dem Prozess erstmals seit seiner Verhaftung am 20. Januar 2023 in der Öffentlichkeit zu sehen war, streitet alles ab. Sein mutmaßliches Opfer leide seit der Tat laut Aussage unter posttraumatischem Stress. Die Staatsanwaltschaft fordert neun Jahre Haft und die Zahlung einer Entschädigung von 150.000 Euro. Die Anwälte des mutmaßlichen Opfers fordern eine Gefängnisstrafe von zwölf Jahren. Angesichts des Umstands, dass die spanische Regierung unter Ministerpräsident Pedro Sánchez der Gewalt gegen Frauen »den Kampf angesagt« hat, erwarten lokale Medien das höchstmögliche Strafmaß. Das Gericht hat zunächst drei Verhandlungstage angesetzt, das Urteil wird wohl Ende des Monats gesprochen werden.

Am Montag sagte zunächst die junge Frau via Bildschirm unter Ausschluss der Öffentlichkeit (mit verzerrter Stimme) aus, ebenso eine Cousine von ihr sowie Angestellte der Disco. Insgesamt 30 Zeugen und Sachverständige sollen gehört werden, darunter die Ehefrau von Alves, Joana Sanz. Alves hatte zum Prozessauftakt seine Mutter mitgebracht. Er wird diesen Mittwoch aussagen. Seine Anwältin forderte gleich zu Prozessbeginn die Annullierung des Prozesses, da ihr Mandant zum Zeitpunkt der Tat »stark angetrunken« gewesen sei. Zudem sei das Recht des 126maligen Nationalspielers der Seleção Brasileira auf die Unschuldsvermutung durch Vorverurteilungen in den Medien verletzt worden.

Nach der Anzeige hatte sich Alves in Widersprüchen verheddert, woraufhin er in Untersuchungshaft kam, da Fluchtgefahr bestanden habe (mit Brasilien gibt es kein Auslieferungsabkommen). Nach dem Fall »La Manada« – der Gruppenvergewaltigung einer Jugendlichen während der San-Fermín-Feiern im Jahr 2016 – wurden die Gesetze gegen sexuelle bzw. sexualisierte Gewalt in Spanien verschärft. Anzeigen von Vergewaltigungen werden seither als sexuelle Aggression verfolgt, das Strafmaß liegt zwischen vier und 15 Jahren.

Das Opfer gab an, mit zwei Freundinnen im Nachtklub Sutton gewesen zu sein, wo sie ein Kellner eingeladen habe, an den Tisch von Alves zu kommen. Ein paar Minuten später habe Alves sie unter einem Vorwand in eine Toilette gelockt und sie dort unter brutaler Gewaltanwendung sexuell attackiert. Alves sei anschließend zum Tresen geschlendert und habe einen Drink zu sich genommen, derweil hatte das Sicherheitspersonal des Klubs die katalanische Polizei verständigte. Die junge Frau sagte noch in der selben Nacht aus. Im Hospital Clínic wurden Verletzungen festgestellt sowie deutliche Hinweise auf einen sexuellen Übergriff.

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