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Aus: Ausgabe vom 22.03.2022, Seite 1 / Inland
Pressefreiheit

Verfassungsschutz: Gericht weist jW-Eilantrag ab

Berlin. Die junge Welt (jW) wird vorerst weiter im Verfassungsschutzbericht mit einem Eintrag genannt. Diese Entscheidung hat das Verwaltungsgericht Berlin am Montag bekanntgegeben und einen Eilantrag dieser Zeitung gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesinnenministerium, abgewiesen.

Die Verlag 8. Mai GmbH, in der die jW erscheint, wollte im Zuge einer einstweiligen Anordnung erwirken, dass die Jahresberichte des Inlandsgeheimdiensts mit entsprechenden Nennungen bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr verbreitet werden dürfen.

Der nun vorliegende Gerichtsbeschluss enthält eine Reihe politischer Einschätzungen und weitreichender, nicht nur diese Zeitung betreffender Wertungen, die das abschließende Urteil bereits vorwegnehmen sollen. Das Gericht sieht in der jW keine unabhängige Tageszeitung, sondern einen »Personenzusammenschluss«, der die »Errichtung einer sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsordnung nach klassischem marxistisch-leninistischen Verständnis« anstrebe. Beweise für diese Unterstellung liegen allerdings nicht vor. Zudem wird angeführt, in der jW sei eine »redaktionelle Linie bei den veröffentlichten Artikeln erkennbar«, sie wolle »auch politisch Reichweite« schaffen. Das aber entspricht der Zielsetzung praktisch aller Medien.

Stefan Huth, Chefredakteur der jungen Welt, erklärte: »Die Entscheidung des Gerichts bedeutet einen drastischen Angriff auf die Pressefreiheit, auf die sich die Bundesregierung sonst so viel zugute hält. Erst Anfang März bemerkte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: ›Ohne sie können Demokratien nicht überleben.‹ Redaktion und Verlag sind entschlossen, die staatliche Bekämpfung einer unabhängigen Tageszeitung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz durch alle Instanzen anzufechten.«

Lesen Sie Hintergründe und Einschätzungen zum Verfahren und zum aktuellen Gerichtsbeschluss in der Mittwochausgabe der jungen Welt. (jW)

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  • Leserbrief von Paul Jattke aus Chemnitz (24. März 2022 um 11:09 Uhr)
    Bei der Überschrift „Gericht weist Eilantrag der „Jungen Welt“ ab (nd 22.3.2022) erinnerte ich mich an eine andere - auch im ND abgedruckt – lautete Beate Klarsfeld: "Die deutsche Justiz hat immer der Gesellschaft entsprochen" .

    Und in der Süddeutschen Zeitung war unter Justiz in Deutschland zu lesen:

    "Wann Holocaustleugnung legal ist" / 22.02.2012 von Heribert Prantl „Ein Neonazi leugnet den Holocaust und wird in drei Instanzen wegen Volksverhetzung verurteilt. Das Bundesverfassungsgericht hebt diese Verurteilung wieder auf. Der Mann dürfe sich auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen, erklären die Richter. Eine Entscheidung, die verwundert und befremdet.“

    Und zu für mich auch in Erinnerung die Überschrift 2017

    „Verfassungsgericht: NPD ist zu unbedeutend für ein Verbot“ / Dazu Prantel: „Bundesverfassungsgericht / Das NPD-Urteil ist bedauerlich falsch“

    Erinnerungen zur Justiz die sich fortsetzen liessen. Auch hier gilt: Überschriften sind auch Nachrichten.

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