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Aus: Ausgabe vom 24.12.2015, Seite 11 / Feuilleton

Kennen Sie eine Elke?

Von Ina Bösecke

Wie oft läuft man an jemandem aus der Nachbarschaft vorbei, bis man ein Wort mit ihm wechselt? Einmal, zehnmal, hundertmal? Davon handeln Filme, Popsongs und auch »Elke«, das vierte Kinderbuch von Christian Duda. Manchmal stößt man aus Versehen zusammen, wie Elke und Kasimir. Elke trägt ein Kuchenblech mit russischem Zupfkuchen und sieht Kasimir nicht. Der ist erst fünf, aber nicht auf den Mund gefallen. Er kann Elke gerade noch stoppen, bevor sie ihn umwalzen würde. Umwalzen ist tatsächlich das richtige Wort, denn Elke ist fett. So steht es im Buch: »fett«. Duda entschuldigt sich nicht dafür, er meint nur, man könnte Elkes Figur auch netter beschreiben, aber dann wäre sie nicht mehr das, was sie ist: fett. Später erfährt man, dass sie gar keinen Kuchen mag und dass sie fett ist, weil sie krank ist.

Davor bringt sie aber erst mal eine Reihe einsamer Menschen zusammen. In einem Café, in dem sonst niemand sitzt. Dafür bäckt sie Kuchen. Als Kasimir mit seiner neunmalklugen Kinderart den Laden betritt, bringt er das Café in Fahrt. Am Ende planen die Menschen sogar ein Fest in einer Straße, in der noch nie etwas los war.

Das klingt wünschenswert, aber auch ziemlich konstruiert. Dass sich einsame Menschen nicht mehr einsam fühlen, dafür braucht es ein bisschen mehr als russischen Zupfkuchen und einen neunmalklugen Fünfjährigen. Andererseits: Obwohl hier im Prinzip jeder, der über zehn Jahre alt ist, mindestens ein Schüsschen an der Waffel hat, beschreibt Duda seine Figuren mit Respekt. Ja, eine menschliche Wärme durchströmt das Geschehen, ähnlich wie bei Astrid Lindgren. Sprachlich geht es anders zu. Kurz und lakonisch ist der Ton, wie es sich für Großstadtprosa gehört. Kaum Beschreibungen, aber jede Menge Dialoge. Angenehm unprätentiös ist dieses Buch – für alle ab fünf Jahre aufwärts.

Christian Duda: Elke – Ein schmales Buch über die Wirkung von Kuchen. Beltz & Gelberg, Weinheim 2015, 160 S., 12,95 Euro

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