Aus: Ausgabe vom 03.07.2010, Seite 16 / Aktion
jW-Sommerakademie
»Blühende Landschaften«, die (w.). Demagogischer
Begriff, den der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) 1990
für die Beschwörung der ostdeutschen Zukunft nach dem
DDR-Anschluß an die BRD öffentlich immer wieder
verwendete. In seiner Fernsehansprache zur sogenannten
Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen DDR und BRD
am 1. Juli 1990 erklärte er: »Durch eine gemeinsame
Anstrengung wird es uns gelingen, Mecklenburg-Vorpommern und
Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Thüringen schon bald
wieder in blühende Landschaften zu verwandeln, in denen es
sich zu leben und zu arbeiten lohnt.« Bereits damals war
Experten klar, daß die Einführung der D-Mark in der DDR
verheerende Folgen haben mußte. Kohl wußte das auch und
formulierte: »Viele Landsleute in der DDR werden sich auf
neue und ungewohnte Lebensumstände einstellen müssen.
(...) Aber niemandem werden dabei unbillige Härten zugemutet.
(...) Es wird niemandem schlechter gehen als zuvor, dafür
vielen besser.« Die Wirkung der neuen Währung auf die
DDR-Industrie vergleichen Ökonomen mit der einer
Neutronenwaffe. Die Produkte waren in den traditionellen
Exportgebieten des Landes nicht mehr absetzbar, die Industrie brach
zusammen. Massenarbeitslosigkeit, Pendeln zu Arbeitsstellen im
Westen und millionenfache Abwanderung sind die Folgen bis heute.
Der an »blühende Landschaften« anknüpfende
Begriff »Aufschwung Ost« wird seit 2009 von der
Bundesregierung nicht mehr verwendet.
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