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Aus: Ausgabe vom 14.06.2010, Seite 13 / Feuilleton

Realist Polke tot

Der Maler Sigmar Polke ist nach langem Krebsleiden in der Nacht zum Freitag mit 69 Jahren in seiner Kölner Wohnung gestorben. Polkes Galerist Erhard Klein erklärte am Samstag in Bad Münstereifel, die deutsche Kunst habe ihre »schillerndste Persönlichkeit« verloren. »Wir sind alle sehr traurig.« CDU-Kulturstaatsminister Bernd Neumann ehrte den »Alchimisten der Farben« als einen der »erfolgreichsten Vertreter der deutschen Gegenwartskunst». Polkes Alchemie bestand vornehmlich darin, Thermofarben, Kunstharz, Silbernitrat oder Schellack auf Plastikfolien zu bringen. Neumanns Parteifreund Norbert Lammert bedankte sich am Samstag in seiner Eigenschaft als Bundestagspräsident noch einmal für die fünf Leuchtkästen, die der Verstorbene für das Reichstagsfoyer ersonnen hat. Die Kästen verleihen der »gewaltigen Foyerhalle« laut Lammert »mehr Leichtigkeit, einen Hauch von Heiterkeit«. Polke war im Alter von zwölf Jahren mit seiner Familie aus Thüringen in die BRD umgesiedelt.Nach einer Glasmalerlehre studierte er ab 1961 an der Kunstakademie Düsseldorf. Er rief mit Gerhard Richter und Konrad Lueg den »Kapitalistischen Realismus« aus, nahm mit Installationen, Kollagen und übermalten Fotos an Documentas teil, war Kunstprofessor in Hamburg, erhielt 1986 den Großen Preis der Biennale in Venedig und später auch den als »Nobelpreis der Künste« geltenden Praemium Imperiale. Viele seiner Bilder sind auf dem Kunstmarkt Millionen wert. Sein größter öffentlicher Auftrag war die Erneuerung der Glasfenster des Großmünsters in Zürich, die 2009 vollbracht war. Als Vertreter eines »postmodernen Realismus« brachte es Polke in den Rang eines Staatskünstlers.

(ddp/AFP/jW)

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