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Aus: Ausgabe vom 05.06.2025, Seite 7 / Ausland
Italien

Gute Miene zu bösem Spiel

Italien: Französischer Präsident auf Staatsbesuch in Rom. Senat segnet Repressionsgesetz ab
Von Mawuena Martens
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Es hat beinah den Anschein von »Friede, Freude, Eierkuchen«: Begrüßung von Emmanuel Macron am Dienstag in Rom

Ein demonstratives Lächeln. Küsschen auf jede Backe. Es folgt ein kräftiges Händeschütteln vor den Kameras der wartenden Journalisten, dann die Begrüßungszeremonie mit militärischen Ehren. Am Dienstag hat der französische Präsident Emmanuel Macron Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in Rom besucht. Insgesamt rund drei Stunden unterhielten sich die beiden Politiker, eine Pressekonferenz im Anschluss gab es nicht. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es jedoch, beide Länder wollten »ihr gemeinsames Engagement für ein souveräneres, stärkeres und wohlhabenderes Europa und vor allem für den Frieden verstärken«. Und: Anfang des kommenden Jahres solle es ein gemeinsames Gipfeltreffen geben.

Sowohl die französische als auch italienische Presse werteten das Treffen als Zeichen der Entspannung. Denn einfach waren die französisch-italienischen Beziehungen noch nie. In der Vergangenheit lag das unter anderem an der Rivalität der beiden Staaten im Mittelmeer. Auch seit dem Amtsantritt Melonis bestimmen Spannungen die Beziehungen. Mal wegen der Aufnahme Geflüchteter, mal weil Macron sich als Vermittler im Ukraine-Krieg inszenierte und die Italienerin nicht zu einem Treffen mit Wolodimir ­Selenskij und Olaf Scholz einlud. Oder weil der neugewählte US-Präsident Donald Trump Meloni als erste europäische Politikerin überhaupt empfing und von vielen EU-Amtsträgern plötzlich die Rolle der »transatlantischen Vermittlerin« für den Staatenbund und seine Mitglieder an sie herangetragen wurde.

In den vergangenen Wochen hatten sich die Reibereien noch einmal intensiviert. Anfang Mai war das französische Staatsoberhaupt nur mit dem Briten Keir Starmer und Bundeskanzler Friedrich Merz nach Kiew gereist. Kurz darauf blieb Meloni einem Treffen zur Ukraine in Tirana inklusive Telefonanruf bei Trump anders als andere führende europäische Politiker fern. Außerdem weigerte sie sich bisher, Truppen in die Ukraine zu schicken und zeigte sich – anders als Macron – Trump zugeneigt und ihm gegenüber kompromissbereit. In der Tat dürften der Ukraine-Krieg sowie die Beziehungen zu den USA angesichts des Zollstreits Hauptgegenstand der französisch-italienischen Gespräche gewesen sein. Nicht zuletzt stehen mehrere Gipfeltreffen an: das G7-Treffen in Kanada in zwei Wochen, der NATO-Gipfel Ende Juni und daran anschließend die Zusammenkunft des Rates der Europäischen Union. Daneben waren auch die Situation in Libyen, der Gazakrieg sowie die Krise der europäischen Auto- und Stahlindustrie Thema.

Einen Tag nach ihrem Treffen mit Macron schrieb die italienische Premierministerin in den sogenannten sozialen Medien von einem »sehr nützlichen« Treffen, das den Dialog und die Zusammenarbeit der beiden Staaten gestärkt habe.

Weniger glatt verlief am Mittwoch eine Senatssitzung, die eigentlich als reine Formsache zur Absegnung des sogenannten Sicherheitsdekretes galt. Als ein Senator der faschistoiden Regierungspartei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens), Alberto Balboni, den Gegnern des bereits im Kabinett und der Abgeordnetenkammer verabschiedeten Gesetzestextes vorwarf, »sich auf die Seite der Kriminaltät zu stellen«, setzten sich Senatoren vor die Reihen der Regierungsmehrheit und taten ihrem Protest laut kund. Vertreter von den Sozialdemokraten und der Fünf-Sterne-Bewegung riefen »Schande, Schande, Schande!«, einige zeigten Protestschilder. Daraufhin wurde die Sitzung zunächst unterbrochen, Balboni entschuldigte sich. Doch nach der Wiederaufnahme bestätigte der Senat die Umwandlung des Dekrets in ein Gesetz mit 109 Ja- zu 69 Neinstimmen und einer Enthaltung. Es ermöglicht den italienischen Behörden nun, mit voller Kraft gegen Widerständler vorzugehen. So sieht es unter anderem die Weitergabe von vertraulichen Informationen an die Geheimdienste durch Universitäten und öffentliche Verwaltungen ebenso wie den verstärkten Einsatz von V-Leuten vor, mehr Befugnisse für Polizei und Einsatzkräfte und verschärfte Strafmaße für Teilnehmer von Protesten gegen Infrastrukturprojekte oder von Straßenblockaden.

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