»Neue Ära« zwischen Beijing und Moskau
Von Jörg KronauerRussland ist weiterhin zu Verhandlungen über eine Beendigung des Kriegs gegen die Ukraine bereit. Das hat Präsident Wladimir Putin anlässlich seines Besuchs am Donnerstag in Beijing bestätigt. Er sei »offen für einen Dialog über die Ukraine«, bekräftigte Putin. Doch müssten die Verhandlungen »die Interessen aller Länder berücksichtigen, die in den Konflikt involviert sind, einschließlich unserer«. Chinas Präsident Xi Jinping betonte, auch Beijing hoffe unverändert auf eine »baldige Wiederherstellung von Frieden und Stabilität in Europa«, ganz wie Moskau betrachte man »eine politische Einigung als den richtigen Weg, um die Ukraine-Krise zu lösen«. Xi äußerte sich nicht zur Ukraine-Konferenz in der Schweiz, die vom Westen beworben wird. Auf ihr wird freilich nach heutigem Stand mit der sogenannten Friedensformel des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij faktisch Russlands bedingungslose Kapitulation gefordert.
Allgemein vereinbarten Xi und Putin die »Vertiefung der umfassenden strategischen Koordinationspartnerschaft« zwischen China und Russland »für die neue Ära«. Konkret ging es unter anderem um den Ausbau der Wirtschaftskooperation. Der bilaterale Handel wuchs 2023 um 26 Prozent auf rund 220 Milliarden Euro und nahm auch im ersten Quartal 2024 zu – allerdings wegen Problemen, die durch extraterritoriale US-Sanktionen verursacht wurden, mit 4,7 Prozent schwächer als erhofft. Die Tatsache, dass hochrangige Finanzfunktionäre Putin nach Beijing begleiteten, legt nahe, dass beide Seiten verstärkt nach Möglichkeiten suchen, die völkerrechtswidrigen US-Sanktionen auszuhebeln. Das wird dadurch erleichtert, dass der bilaterale Handel schon jetzt zu 90 Prozent in Rubel und – vor allem – in Yuan abgewickelt wird. Dem Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen dient Putins Besuch am Freitag im nordchinesischen Harbin, das ab 1898 von Russen als Station an der Ostchinesischen Eisenbahn ausgebaut wurde. Enge Beziehungen zwischen Harbin und Russland bestehen bis heute.
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Als die Russische Föderation Ende 1991 gegründet wurde, erkannte China sie rasch als Rechtsnachfolger der UdSSR an und unterstützte Russlands Bemühungen, den Sitz der Sowjetunion im UN-Sicherheitsrat zu behalten. Putins Besuch unterstreicht die Bedeutung der strategischen Partnerschaft zwischen China und Russland, die trotz regionaler Konflikte und externem Druck stabil bleibt und sich stetig entwickelt.
Während des Besuchs besprechen die Staats- und Regierungschefs regelmäßig ein breites Spektrum internationaler und bilateraler Themen. Zudem werden zahlreiche Handels- und Investitionsabkommen unterzeichnet, was diesen besonderen Stellenwert verleiht. Putin und Xi gaben eine gemeinsame Erklärung ab, und es wurden mehrere Kooperationsdokumente in verschiedenen Bereichen unterzeichnet.
Gegenwärtig stehen sowohl Russland als auch China unter dem Druck der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten, die ihre Entwicklung eindämmen und eine unipolare Weltordnung aufrechterhalten wollen. Die Sanktionen des Westens könnten vorübergehend bestimmte Bereiche beider Länder beeinträchtigen, aber der Trend zu engerer Zusammenarbeit zwischen Moskau und Peking wird fortbestehen. Einseitige Sanktionen ohne Unterstützung des UN-Sicherheitsrates werden von Russland, China und anderen Ländern, die für eine gerechtere Weltordnung eintreten, abgelehnt.
Washington wird aus ideologischen Gründen seine kontraproduktive Politik nicht ändern. Eine Rechtfertigung für die Sanktionen ist Russlands Haltung zur Ukraine-Krise. China engagiert sich aktiv für die Beilegung des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine. Trotz einiger Differenzen sind sich Russland und China einig, dass Verhandlungen ohne Vorbedingungen und externen Druck aufgenommen werden sollten und dass die Sicherheitsbedenken Russlands berücksichtigt werden müssen. Dieser Ansatz wird jedoch vom Westen abgelehnt.
Die Stärkung der strategischen Zusammenarbeit zwischen China und Russland spiegelt den Trend zur Multipolarität wider. Beide Länder verfolgen eine unabhängige Außenpolitik und werden keinem äußeren Druck nachgeben, egal, wie stark dieser ist.