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Aus: Ausgabe vom 10.05.2024, Seite 7 / Ausland
Ukraine-Krieg

Frontstaat auf Drogen

Die Ukraine ist zu einem bedeutenden Transitland für den Rauschgifthandel geworden. Viele Soldaten flüchten sich in die Sucht
Von Harald Projanski
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Viele Soldaten ertragen die Bedingungen in den Schützengräben nur noch im Rausch (Donezk, 30.1.2024)

Die Schützengräben in der Ukraine sind eine Goldgrube besonderer Art. Dort, wo angesichts der gescheiterten ukrainischen Offensive Angst und Verzweiflung grassieren, blühen Geschäfte, mit denen aus Panik Profit geschlagen wird. Drogenhändler liefern den deprimierten Soldaten trügerische Glücksmomente am Rande des Abgrunds. Die internationale Nichtregierungsorganisation »Global Initiative Against Transnational Organised Crime« hat auf ihrer Website einen Bericht über »Drogen an der Frontlinie« veröffentlicht. Darin heißt es über die Situation der Armee an der Front: »Der Drogenverbrauch an der Frontlinie ist weitverbreitet und wächst.« Rauschgifte seien »ein Mittel der Flucht«. Auch dienten sie den Soldaten dazu, Schlaf zu finden »nach schlaflosen Nächten unter ständigem Artilleriebeschuss«.

Offenkundig haben die monatelangen Misserfolge der ukrainischen Streitkräfte deren Moral zermürbt. So wurde die Truppe eine leichte Beute von Drogenbossen. Die Ukraine erweist sich als Frontstaat unter Drogen. Der Report schildert, dass die Rauschgifte die ukrainischen Soldaten auf verschiedenen Wegen erreichen. Mal werden sie per Post in frontnahe Orte geschickt, dort zwischengelagert und über Messenger-Dienste bestellt. Mal werden sie per Taxi geliefert, getarnt als Lebensmittelspende wahrer Patrioten. Neben Cannabis seien vor allem synthetische Drogen in der Armee immer mehr verbreitet, so der Report. Die beliebtesten Rauschmittel von Soldaten der ukrainischen Armee seien, so der Bericht, Methamphetamine unter Namen wie »Alpha-PVP«, »Flakka«, »Blizzard« und »Luna Wave«. Die Folgen der eingenommenen Drogen seien häufig Psychosen.

Zwar hebt nach Berichten ukrainischer Medien der Inlandsgeheimdienst SBU bei Fahndungen im Hinterland zwischen Kiew, Winniza und Ternopil hin und wieder Drogenlabore aus. So zerschlug der SBU im Januar eine Bande, die in zwei Laboren monatlich bis zu 40 Kilogramm Rauschmittel produzierte. Zuvor hatten die Fahnder im November 2023 eine Vertriebsstelle aufgespürt, die Drogen in 14 Regionen geliefert hatte. Insgesamt hat der SBU 60 Gruppierungen aufgespürt, die am Drogenschmuggel auch in EU-Länder beteiligt waren. Die Ermittler beschlagnahmten Drogengelder in Höhe von umgerechnet mehr als 52 Millionen US-Dollar.

Doch nach dem »Global Organized Crime Index« der »Global Initiative« stehen die Chancen für die Ermittler, den Drogensumpf trockenzulegen, nicht gut. »Korruption im Rechtssystem bleibt nach wie vor weitverbreitet in der Ukraine«, konstatiert die Organisation. Insgesamt seien in der Ukraine Gerichte »historisch daran gescheitert, eine bedeutende Unabhängigkeit zu erreichen«. Daher sei auch »das Vertrauen in das Rechtssystem des Landes weiterhin niedrig«. Dabei steht nach Einschätzungen von »Global Initiative« die Ukraine in Europa auf dem zweiten Platz der Kriminalitätsstatistik von 17 zentral- und osteuropäischen Staaten.

Zudem, so der Bericht, sei die Ukraine »ein wichtiges Transitland für Heroin«. Der Herointransfer sei »während des Krieges gewachsen« und habe zu einer »Vervielfältigung der Transportrouten« geführt. Die Studie kommt zu dem Fazit, vielerorts hätten in der Ukraine organisierte »kriminelle Akteure« staatliche Einrichtungen durchdrungen oder gekapert. Dies gelte auch für den Drogenhandel. Das wecke auch den Zweifel vieler Ukrainer an der Qualität staatlicher Institutionen.

Umstritten ist in der Ukraine auch die Drogenpolitik der Präsidenten Wolodimir Selenksij. Nach Beginn des Krieges im Jahre 2022 drängte er das Parlament, die Werchowna Rada, die Verwendung von Cannabis zu medizinischen Zwecken zu legalisieren. Dies solle vor allem der Behandlung verletzter und traumatisierter Soldaten dienen, so sein Argument. Im Februar 2023 nahm die Rada in zweiter Lesung ein Gesetz an, das den Umgang mit Cannabis zu medizinischen Zwecken regelt. Die Debatte darum war nur ein Aspekt der Kritik am jetzigen ukrainischen Präsidenten, was dessen Verhältnis zu Drogen angeht. Anhänger des früheren Präsidenten Petro Poroschenko monieren, Selenskij selbst habe womöglich ein Drogenproblem.

Im Präsidentenwahlkampf 2019 gab der Amtsinhaber Poroschenko Proben von Blut, Urin und Haaren, um zu demonstrieren, dass er drogenfrei war. Er gilt in Kiew eher als Liebhaber scharfer Getränke. Selenskij gab eine Blutprobe, doch er verzichtete auf eine Abgabe von Proben seiner Haare und des Urins. Das musste Verdacht wecken. Denn Drogen, vor allem Kokain, sind im Urin und in den Haaren weit länger nachweisbar als im Blut. Immer wieder hatte Selenskij in den letzten Jahren öffentliche Auftritte, bei denen er häufig schniefte, ohne erkennbar erkältet zu sein. Auch zeigte er sich immer wieder fahrig, in einer Weise, die vom Verhalten eines Kokainabhängigen schwer zu unterscheiden ist. Der Vorwurf des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Ukraine werde von einem »Drogensüchtigen« regiert, ist damit nicht bewiesen. Konstatieren lässt sich nur, dass Selenskij diesen Vorwurf nie nachprüfbar widerlegt hat.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Ulf G. aus Hannover (12. Mai 2024 um 17:33 Uhr)
    Putin sprach 2022 mal von einer »Bande von Drogenabhängigen und Neonazis«, von der die Ukraine regiert würde. Konkrete Namen sind dabei nicht genannt worden. Man könnte also auch an Jazenjuk denken, der öffentlich »seinen Durst mit einem Schluck aus der Pulle« löschte (jW 24.7.2014). Oder an Bereza, Kommandeur eines faschistischen ukrainischen Freiwilligenbataillons, der 2014 davon träumte, auf den Trümmern von Moskau ein Bier zu trinken (https://marknesop.wordpress.com/2014/10/29/russian-hackers-are-fiendishly-smart-good-thing-for-america-theyre-so-stupid/comment-page-2/). Diese Nazibataillone gehören ja zu den wahren Herrschern in der Ukraine, denen sich auch der einst mit Friedensversprechen angetretene Selenskij beugen musste. Wowan und Lexus wollen der Exsprecherin der ukrainischen Armee, Ashton-Cirillo, die Auskunft entlockt haben, die in der Ukraine kämpfenden ausländischen Söldner seien »Drogensüchtige und Nazis« (https://pravda-de.com/world/2023/09/27/34156.html). Nicht zuletzt wäre auch an Hunter Biden, den drogensüchtigen Sohn des amerikanischen Präsidenten, zu denken, der im Vorstand des ukrainischen Burisma-Konzerns als Link zwischen US-amerikanischen, ukrainischen und womöglich gar Bidens privaten Interessen seinen dubiosen Geschäften nachging (div. Berichte auf anti-spiegel.ru). Ob auch Selenskij selber Drogen nimmt, ist da fast schon zweitrangig. Die Fahrigkeit seiner Bewegungen könnte für mich auch mit Übermüdung zu tun haben. Kann jemand überhaupt noch Schlaf finden, der sein Land derart gründlich wie Selenskij in die Katastrophe geführt hat? Indem er die Droge des übersteigerten Nationalismus' der Vernunft des Ausgleichs vorzog, die in den Minsker Vereinbarungen noch zu finden war? Der Schlaf der Vernunft kann in der Politik tödlich sein. Wie für Soldaten das Schlafen tödlich sein kann. Dass Soldaten da nach aufputschenden Drogen schielen, ist fast schon normal. Auch US-Krieger im Irak konsumierten vielfach Drogen.
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (9. Mai 2024 um 21:10 Uhr)
    Die aktuelle Lage in der Ukraine ist ein bedrückendes Beispiel dafür, wie der Schatten des Krieges nicht nur über das Land selbst, sondern auch über seine moralische Integrität fällt. Inmitten von Frontlinien blüht ein düsteres Geschäft: Drogenhandel. Soldaten, deren Seelen von Angst und Verzweiflung durchdrungen sind, flüchten sich in den Rausch, um der Realität zu entkommen. Die Korruption, die schon lange wie ein Krebsgeschwür in der Ukraine wuchert, hat nun einen weiteren Nährboden gefunden. Die Bemühungen der Sicherheitskräfte, den Drogenhandel zu bekämpfen, werden von weitverbreiteter Korruption und einem schwachen Rechtssystem behindert. Die Verzweiflung und die Leiden der Menschen werden von skrupellosen Drogenhändlern ausgenutzt, die das Motto haben: Nutzloses »Geldgeschenke« müssen abgeschröpft werden!

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