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Aus: Ausgabe vom 16.04.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Rekorddividenden

Bonbon für Aktionäre

Höchste Ausschüttungen der Dax-Unternehmen seit 2012 trotz schlechter Wirtschaftslage
Von Gerrit Hoekman
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53,8 Milliarden Euro schütten die Konzerne an Dividende für das vergangene Geschäftsjahr aus

Die Aktionärinnen und Aktionäre der Dax-Unternehmen dürfen sich auf pralle Portemonnaies freuen. 53,8 Milliarden Euro schütten die Konzerne an Dividende für das vergangene Geschäftsjahr aus, wie das Wirtschaftsprüfungsunternehmen EY (ehemals Ernst and Young) ausgerechnet hat. Das ist die größte Summe, seit EY 2012 mit seinen Berechnungen begann und eine Steigerung um 2,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 23 der 40 Dax-Konzerne haben ihre Dividende erhöht. Das Geld wird nach den Hauptversammlungen ausgezahlt.

Laut der EY-Studie erhalten die Aktionäre von neun Dax-Unternehmen weniger als im Vorjahr, bei fünf Konzernen gehen sie quasi leer aus. Konzerne wie der Versicherer Allianz legen ihren Aktionären dagegen 18 Prozent mehr oder 5,4 Milliarden Euro nachträglich ins Osternest. Mit am lukrativsten ist für die Anleger im Moment immer noch die Autobranche. Die Porsche AG verwöhnt ihre Anteilhaber mit einer satten Steigerung der Dividende um 129 Prozent auf insgesamt 2,1 Milliarden Euro. Volkswagen macht 4,5 Milliarden Euro locker, ein Plus von drei Prozent. Am meisten zahlt zwar Mercedes-Benz mit 5,5 Milliarden Euro, das sind aber 0,7 Prozent weniger als im vergangenen Jahr, so die Studie. Immerhin: Mercedes-Boss Ola Källenius war mit einem Jahressalär von 12,74 Millionen Euro im vergangenen Jahr der Spitzenverdiener unter den Vorstandsvorsitzenden der Dax-Konzerne.

Was Umsatz und Gewinn angeht, haben die Automobilhersteller im vergangenen Jahr weltweit Rekorde gebrochen. »Dank hoher Neuwagenpreise und einem Absatzplus von sieben Prozent fuhren die Konzerne demnach einen Gesamtumsatz von gut zwei Billionen Euro ein – und damit 13,7 Prozent mehr als 2022. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) kletterte um gut 15 Prozent und erreichte rund 176 Milliarden Euro«, berichtete das Handelsblatt am Sonntag mit Hinweis auf die Studie von EY. Einen großen Anteil daran hatten die japanischen Autobauer: »Der schwache Yen verhalf japanischen Autokonzernen demzufolge zu einem Gewinnplus von rund zwei Dritteln und einem Umsatzwachstum von 22 Prozent. Weniger dynamisch ging es beim Rest zu: Die deutschen Hersteller verzeichneten zusammen ein Gewinnwachstum von sieben Prozent, bei den US-Konzerne rutschte der Ertrag sogar um fast 30 Prozent ab.«

Die Aktionäre der Bayer AG können von fetten Dividenden in diesem Jahr nur träumen. Der Chemieriese teilte bereits im Februar mit, dass die Anteilszahlungen drastisch gekürzt werden müssen. Statt 2,40 Euro pro Aktie im Jahr 2022 gibt es für 2023 nur noch mickrige elf Cent. Auch für die nächsten drei Jahre will die Bayer AG nur noch das gesetzlich geforderte Minimum ausschütten. »Am Wochenende sicherte sich die Werkself von Bayer Leverkusen vorzeitig den deutschen Meistertitel in der Fußballbundesliga. Aber auch diese positive Nachricht konnte dem Konzern, dessen Logo die Mannschaft auf dem Trikot trägt, keinen Schwung geben. Mit einem Kursverlust von über minus 2,5 Prozent startet die Bayer-Aktie (WKN: BAY001) mal wieder als schwächster Dax-Wert in die Woche«, lästerte die Internetseite Sharedeals am Montag. »Der erste und wahrscheinlich wichtigste Grund ist, dass die Glyphosatprozesse in den USA immer noch wie ein Damoklesschwert über der Bayer-Aktie hängen, und das wahrscheinlich noch über Jahre tun.«

Die Bayer AG hat Reuters zufolge Nettoschulden in Höhe von beinahe 39 Milliarden Euro angehäuft. Die Übernahme von Monsanto im Jahr 2018 bereitet dem Unternehmen immer noch Bauchschmerzen wie fünf Aspirin Plus auf nüchternen Magen. »Unsere Schulden zu senken und unsere Flexibilität zu steigern, gehört zu unseren Topprioritäten. Unsere geänderte Dividendenpolitik (…) wird uns dabei helfen«, erklärte Vorstandsvorsitzender Bill Anderson laut Reuters im Februar. Und natürlich soll auch kräftig Personal abgebaut werden.

Ob der momentane Boom bei den Dax-Dividenden auch in Zukunft anhält, ist nach Ansicht des EY-Wirtschaftsprüfers Mathieu Meyer unsicher. »Die konjunkturelle Lage ist düster, sowohl die wirtschaftlichen als auch die politischen Risiken werden eher größer als kleiner«, sagte er am Montag gegenüber dpa-AFX. »Sollte der Druck auf die Gewinne in diesem Jahr anhalten, werden wohl auch die Dividendenausschüttungen auf den Prüfstand gestellt werden.«

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