Symbolpolitik und Blockaden in Dresden
Von Henning von StoltzenbergSeit Jahrzehnten hat der 13. Februar im Terminkalender sowohl von Faschisten als auch ihren Gegnern seinen festen Platz. In der Endphase des Zweiten Weltkrieges wurde Dresden zwischen dem 13. und 15. Februar 1945 durch britische und US-amerikanische Luftangriffe weitgehend zerstört. In der DDR stand das Gedenken an diese Zerstörung, deren militärische Sinnhaftigkeit bis heute unter Historikern umstritten ist, noch im Zeichen des Friedens und der Verhinderung eines neuen Krieges. Seit den 1990ern instrumentalisieren Neonazis den Gedenktag, um mit der Propaganda vom »Bombenholocaust« von den Verbrechen ihrer historischen Vorbilder abzulenken. Mitte der 2000er Jahre fanden in Dresden die größten Neonaziaufmärsche Europas mit mehreren tausend Teilnehmern statt. 2011 gelang es Antifaschisten aus dem gesamten Bundesgebiet, einem Aufruf des Bündnisses »Dresden nazifrei« folgend, den Aufmarsch gegen den Widerstand der Polizei mit Blockaden zu verhindern.
Seit 2012 überwiegt aber ein zahmes Vorgehen städtischer Institutionen. So auch in diesem Jahr: Vertreter der Bürgerschaft rufen für den 13. Februar unter dem Motto »Gemeinsam wachsam« zur Teilnahme an einer Menschenkette auf. »Indem wir eine Menschenkette bilden und wachsam vereint sind, setzen wir ein starkes Zeichen für das mahnende Erinnern, den Schutz unserer Demokratie und den dafür nötigen Mut. Wir rufen auch auf, im Umfeld des 13. Februar und der Menschenkette in vielfältigen Formen gemeinsam wachsam zu sein«, heißt es in einem Papier der »AG 13. Februar«, die 2009 von der damaligen Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) initiiert wurde.
Der amtierende Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) rief in einem Statement dazu auf, »zahlreich und gemeinsam gegen Menschenverachtung, Antisemitismus und Intoleranz einzustehen«. Das Gedenken an die Opfer von Krieg und Zerstörung sei wichtig, aber auch, nicht zu vergessen, »dass Dresden nicht unschuldig war« während des »Nationalsozialismus«, so Hilbert. Im Sinne des »Nie wieder« sei es daher auch jenseits des 13. Februar die Aufgabe der Zivilgesellschaft, Gesicht zu zeigen. Denn auch an den Wochenenden vor und nach dem Gedenktag sei damit zu rechnen, »dass Rechte unsere Stadt als Bühne missbrauchen wollen«.
Kritik an dem Konzept »Menschenketten« als reiner Symbolpolitik gibt es von mehr oder weniger linken Antifaschisten seit vielen Jahren. Das Bündnis »Dresden WiEdersetzen« organisiert als Nachfolger von »Dresden nazifrei« weiterhin Blockaden. So hatten 2023 rund 1.500 vor allem junge Menschen, trotz enormer Polizeigewalt die Zugänge zum Stadtzentrum versperrt. Auch in diesem Jahr mobilisiert »Dresden WiEdersetzen« zu Aktionen des zivilen Ungehorsams, unter anderem mit Demo- und Aktionstrainings, Vorträgen und in den sozialen Medien. »Wir brauchen an beiden Tagen mehrere tausend Menschen in der Stadt«, teilte das antifaschistische Bündnis mit. »Am 11.2. eher in der zweiten Tageshälfte, am 13.2. abends nach der Menschenkette.« Allein für den Abend des 13. Februar seien drei rechte Versammlungen auf dem Altmarkt geplant. Weitere Ankündigungen dürften folgen.
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Wieviele Tausende, Hunderttausende Demokraten werden sie in diesem Jahre aufhalten? Seit wievielen Jahren und begleitet von Sachsen-Sumpf bis Nazigewalt und rechter Ideologie lässt es die gelobte Demokratie gewähren und leistet sich allenfalls verschämt und zahm den Protest dagegen? Wie überwältigend war der Protest seither, wo Regierende gerade voll des Lobes sind zu den Millionen Demokraten gegen rechts? Der 13. Februar auch in diesem Jahre wird es zutage bringen. Wie oft sind in den Jahren eine Minderheit von Antifaschisten bis Kommunisten gewesen, die sich dem braunen Gebrüll entgegengesetzt haben? Mit Symbol der Trümmerfrauen geben sich Nazis auch in diesem Jahr als die Opfer. Von den Trümmern und Toten, die sie in der Welt hinterlassen haben, reden sie nicht. Wie ehrlich gedenkend ist das? Faschismus und Krieg sind zwei Seiten einer Medaille, was auf jeden Fall bei den Lobgesängen und den Millionen demonstrierenden Demokraten gegen rechts der letzten Wochen niemandem einzufallen schien. Faschismus war und ist keine andere Gesellschaft, es eine andere Herrschaftsform der gleichen Herrschenden. Warum ist diese gesicherte Erkenntnis nach 1945 bis heute kein geistiges Allgemeingut geworden? Wer hat es warum verhindert?
Krieg und Faschismus sind nicht wesentlich und ursächlich moralische Frage, es ist politisch-ökonomischer Zwang des Imperialismus, des deutschen im besonderen, aus historischen Gründen. Auf den Schlachtfeldern heute und seit 1945 bzw. nach 1990 wird uns dann die moralische Wirkung bewusst.