4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 24.04.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Hommage an Mumia Abu-Jamal

»Freiheit ist das einzige Heilmittel«

USA: Mumia Abu-Jamals Leben ist in Gefahr. Um so wichtiger sind koordinierte Aktionen zur Einforderung seiner Entlassung. Von Jennifer Black
Von Jennifer Black
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Protest gegen Polizeiterror: »Free Mumia!«-Marsch vor dem Gebäude der Stadtverwaltung in Philadelphia (4.7.2020)

Als Pennsylvanias früherer Gouverneur Thomas Ridge 1995 und 1999 jeweils sein ruchloses »Versprechen« einlöste, den Hinrichtungsbefehl gegen Mumia zu unterzeichnen, machten sich Menschen in aller Welt an die Arbeit. Mumias Leben war in akuter Gefahr. Wir antworteten Ridge, indem wir in Frankreich, Deutschland, Italien, England, Brasilien, Südafrika, Ghana, Mexiko und anderen Ländern auf der ganzen Welt Proteste organisierten, die so laut und eindringlich waren, dass sie nicht ignoriert werden konnten. Zweimal retteten wir so Mumias Leben.

Auch in Philadelphia, San Francisco, New York City, Portland, Seattle und kleineren Orten wie Eugene in Oregon und sogar im winzigen State College von Pennsylvania – nahe dem Todestrakt des SCI Huntingdon gelegen, in dem Mumia seit 1982 einsaß – verkündeten viele Menschen kollektiv: »Wir werden Mumia nicht sterben lassen!«

Gewerkschaften und Universitäten zeigten ihre Unterstützung, Musiker veranstalteten Benefizkonzerte, Menschen demonstrierten vor US-Botschaften. Bürger vieler Länder forderten ihre Politiker auf, für Gerechtigkeit einzutreten. Unterschiedlichste Bürgergruppen setzten sich für Mumias Freiheit ein, darunter Journalisten, Juristen, Kulturorganisationen von Schwarzen, Künstler und Schriftsteller.

2024 ist Mumias Leben noch immer in Gefahr. Nicht wegen des Todesurteils, sondern wegen der Umstände der lebenslangen Haft. Unser Freund und Genosse, der weiterhin eine wichtige »Stimme der Unterdrückten« ist, wird am Mittwoch 70 Jahre alt. Die letzten Jahre waren hart für ihn, doch sein Geist, sein kritischer Scharfsinn und sein liebevolles Herz sind unbeugsam geblieben. Wir rufen alle, nah und fern, auf, diesen Moment zu nutzen, so wie wir es bereits 1995 und 1999 taten, und mutig zu handeln, um Mumias Leben zu verteidigen.

Damals wie heute gibt es keine zentralisierte globale Strategie für Mumias Befreiung. Wir sollten weltweit auf einheitliche und koordinierte Aktionen hinarbeiten, aber uns nicht durch ihr bisheriges Fehlen vom Handeln abhalten lassen und auf einen magischen Moment warten. Mumia selbst ist das magische Momentum, und der richtige Moment ist jetzt!

Brasilianische Arbeiter, die Streiks für Mumia organisierten, baten nicht um Erlaubnis. Aktivisten, die 1995 überall in London Mahnwachen abhielten, bis zehn Tage vor Mumias geplanter Hinrichtung ein Aufschub gewährt wurde, handelten spontan. Inspirierend waren auch die legendären Streikaktionen der ILWU-Hafenarbeiter in den kalifornischen Häfen, die im Kampf für Mumias Freiheit ihrem eigenen moralischen Kompass folgten.

2008 fragten afroamerikanische Studierende der Ohio State University Mumia: »Wie können wir die Freiheitsbewegung für Sie voranbringen?« Er antwortete: »Indem ihr vor allem jungen Menschen sagt, dass meine Freiheit nicht von eurer Freiheit zu trennen ist. Denn wenn meine Grundrechte geraubt werden, werden auch eure geschwächt und bei Bedarf ignoriert.«

Mumia gehört nun zu den älteren Gefangenen. Wir müssen seine Gesundheit schützen. Freiheit ist das einzig wirksame Heilmittel. Unsere weltweiten Aktionen haben Mumias Leben zweimal vor der Todesstrafe gerettet, deswegen müssen wir uns erneut erheben und beharrlich kämpfen – bis er frei ist! Handelt jetzt, wo immer ihr seid – und wie immer ihr könnt! Lasst uns alle gemeinsam zeigen, was »ein geeintes Volk« bewegen kann!

Übersetzung: Jürgen Heiser

Jennifer Black, Researcher beim Prison Radio in San Francisco, verfasste ihren hier übersetzten und leicht redigierten Aufruf kurz vor Abu-Jamals 70. Geburtstag am 24. April 2024

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