03.04.2024 / Inland / Seite 1

Lindner plant fürs Zweiprozentziel

Für den Bundesfinanzminister hat die Bundeswehr oberste Priorität

Arnold Schölzel

Mit Tricks, faktischem Abbau des Sozialstaats und gestützt auf Einnahmen wegen schöner Konjunktur, wenn die sich denn einstellt, soll die Bundeswehr ab 2028 gemäß der NATO-Verpflichtung finanziert werden. Das hat für Finanzminister Christian Lindner (FDP) oberste Priorität. Seine Pläne skizzierte er in einem am Dienstag veröffentlichten dpa-Interview. Bedingung am Rande: Die staatliche Schuldenquote von zuletzt 63 Prozent soll bis dahin wieder unter den in der EU vereinbarten 60 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen.

Dann soll ein Rechnungskniff folgen: »Wenn wir diese Grenze unterschreiten, dann könnte die ab 2028 vorgesehene Tilgung der Coronaschulden neu diskutiert werden.« Lindner will deren Tilgung strecken, wobei neun Milliarden Euro jährlich für die Armee herausspringen sollen. Hintergrund: In der Bundesregierung läuft gegenwärtig die Aufstellung des Haushalts für 2025 und des Finanzplans bis 2028. Das Jahr gilt als besonders schwierig, weil bis Ende 2027 das 100-Milliarden-Euro-»Sondervermögen Bundeswehr« ausgeschöpft sein wird. Es soll bis dahin sichern, dass zwei Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung gemäß der NATO-Verpflichtung für »Verteidigung« zum Fenster rausgeworfen werden. Lindner im Klartext und mit viel »Wenn«: »Wenn es uns gelingt, in den Jahren bis 2028 unser Wirtschaftswachstum zu stärken und wenn wir auf zusätzliche kostenträchtige, gesetzlich verpflichtende Sozialausgaben verzichten, dann schaffen wir es, das Zweiprozentziel einzuhalten.«

Kritik kam aus Opposition und Koalition. Die Tilgung der Notfallkredite sei verfassungsrechtlich vorgegeben, drohte Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) mit einer neuen Klage. Der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz meinte, die neun Milliarden Euro reichten »nicht mal im Ansatz«. Dietmar Bartsch (Die Linke) fasste zusammen: »Eventuelle Spielräume im Haushalt sollten nicht für mehr Rüstung verschwendet werden, sondern primär der Bekämpfung von Kinderarmut dienen, die einen neuen Rekordwert erreicht hat.«

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