02.03.2024 / Titel / Seite 1

Migranten machen Drecksarbeit

Menschen mit Einwanderungsgeschichte arbeiten in BRD meist zu schlechten Arbeitsbedingungen für wenig Geld

David Maiwald

Migranten arbeiten in der BRD zumeist für wenig Geld unter besonders schlechten Bedingungen. Pünktlich zum vollständigen Inkrafttreten des »Fachkräfteeinwanderungsgesetzes« am Freitag teilte dies das Statistische Bundesamt – womöglich unfreiwillig – mit Verweis auf Zahlen des Mikrozensus 2022 mit. Demnach sind Beschäftigte mit »Einwanderungsgeschichte« etwa in Reinigungsberufen (rund 60 Prozent) oder in der Gastronomie (45,6 Prozent) überdurchschnittlich häufig anzutreffen.

Gleiches gilt für die Bereiche Bau, Fahrzeugführung und Körperpflege (etwa Friseure). Bei einem Anteil von 25 Prozent aller Erwerbstätigen stellen Menschen mit »Einwanderungsgeschichte« demnach mehr als die Hälfte aller in »geringqualifizierten Berufen« Tätigen. Unter den »Hilfsarbeitskräften« etwa liegt ihr Anteil bei 52 Prozent. In Führungspositionen (18 Prozent), akademischen Berufen (19 Prozent) oder im Gerichtswesen (sechs Prozent) waren Migranten dagegen deutlich unterrepräsentiert.

»Bereits heute leisten Menschen mit ›Einwanderungsgeschichte‹ in vielen Berufen einen wichtigen Beitrag auf dem deutschen Arbeitsmarkt«, hieß es. Richtiger – und vor allem anerkennender – wäre wohl, klarzustellen, dass Migranten unter verschärfter Ausbeutung die BRD seit ihrem Bestehen am Laufen halten, während sich die herrschende Politik die längste Zeit jede Rede vom »Einwanderungsland« verbat.

So war es beim ersten Kohl-Kabinett, das 1982 im Koalitionsvertrag mit der FDP festhielt, es seien »alle humanitär vertretbaren Maßnahmen zu ergreifen, um den Zuzug von Ausländern zu unterbinden«. Diese von oben forcierte Spaltung sollte störende Debatten über die Rechte der migrantischen Beschäftigten unterbinden. Eine Folge war, dass diese sich im Kampf für ihre Rechte vor allem aufeinander verließen, der Kölner Ford-Streik von 1973 ist nur ein prominentes Beispiel dafür.

Aktuelle Diskussionen betonen nun zwar die Unabkömmlichkeit von zugewanderten Menschen als »Fachkräfte« für den Arbeitsmarkt, reduzieren sie aber zugleich beinahe restlos auf ihre Verwertbarkeit. Das neue »Fachkräfteeinwanderungsgesetz« fügt den einzelnen oder die einzelne in ein Raster von Konzerninteressen, ebenso wie der von Arbeitsminister Hubertus Heil und Arbeitsagentur-Chefin Andrea Nahles (beide SPD) angeworfene »Jobturbo«.

Während vielen Geflüchteten die Aufnahme einer Erwerbsarbeit, die ihrer Qualifikation entspräche, verboten ist, setzt seit Freitag ein erster Landkreis die im »Asylbewerberleistungsgesetz« verankerte »Arbeitspflicht« für Asylsuchende um. Für manchen Unionspolitiker ist das so schnell wie möglich auf alle Bezieher von Sozialleistungen anzuwenden.

Nach den neuesten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hatten 40 Prozent aller Leiharbeiter im Jahr 2022 eine ausländische Staatsangehörigkeit, 17 Prozent stammten aus einem Asylherkunftsland. Der Anteil von Geflüchteten in der Leiharbeit liegt bei 13 Prozent, ihr Anteil an der Gesamtzahl aller Beschäftigten bei nur zwei Prozent.

Für jene Asylsuchende, die mit Beschäftigungsverbot perspektivlos in Wohnunterkünften ausharren, machte das Bundeskabinett am Freitag den Weg für die »Bezahlkarte« frei. Vorgeblich soll dies »finanzielle Anreize« zur Flucht senken. Tatsächlich war und ist die Perspektive: Niedriglohn.

https://www.jungewelt.de/artikel/470474.fachkräfteeinwanderung-migranten-machen-drecksarbeit.html