Am 4. August 2010 leitete Außenminister und Vizekanzler Guido
Westerwelle (FDP) in Vertretung von Angela Merkel erstmals eine
Kabinettssitzung. Dort wurde das Lateinamerika-Konzept der
Regierung beschlossen. Westerwelle nannte den Subkontinent eine
Weltregion, die in Europa unterschätzt werde. Sie sei einer
der dynamischsten Wachstumsmärkte. Man müsse »klug
genug sein, dabei zu sein, in unserem beiderseitigen
Interesse«. Was er damit meint, hatte er bereits kurz nach
Amtsantritt bei einem Besuch in Südamerika gezeigt. Begleitet
worden war er von Vertretern der deutschen Industrie, die dort ihre
Geschäfte ausweiten wollen. Es geht um große
Rohstoffvorkommen und Absatzmärkte für deutsche
Exportprodukte. Und darum, sich auf diesen Märkten gegen
Konkurrenz aus anderen großen Industrienationen »besser
aufzustellen«.
Die Richtung ist klar: Deutsche Außenpolitik vertritt vor
allem die Interessen der exportorientierten Industrie auch in
dieser Region. Deren Staaten und Völker lernen aber immer
mehr, ihre eigenen Interessen wirksam zu vertreten, indem sie sich
zu Handelsbündnissen zusammenfinden. Dazu gehört auch
ALBA, die Bolivarische Allianz für die Völker Unseres
Amerikas, der unter anderem Kuba, Venezuela, Ecuador und Bolivien
angehören. Ziel ist es, die Nutzung von Rohstoffen und
Märkten nicht länger den großen Industrienationen
zu überlassen, aber auch eine gerechte und soziale Entwicklung
im Lande zu ermöglichen.
Das meint Westerwelle natürlich nicht, wenn er von
»beiderseitigem Interesse« spricht. Er sieht dort keine
echte Demokratie, sondern diktatorische Strukturen und
populistische Politik. Die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung
schreibt auf ihrer Website, daß sie »mit Sorge einen
fundamentalen Wandel auf dem Kontinent beobachtet, nachdem sich
zwei Jahrzehnte lang Land um Land der Demokratie und der
Marktwirtschaft zuzuwenden schienen. Nun werden diese
Errungenschaften herausgefordert, sehen sich die Verfechter
liberaler Demokratie radikalen autoritären Populisten
gegenüber.« Grund genug für die Kämpfer der
Stiftung, sich massiv in Wahlkämpfe einzumischen. So berichtet
sie zum Beispiel stolz, in Brasilien bis Juni 2010 nicht weniger
als 32 Veranstaltungen für neoliberale Kandidaten
durchgeführt zu haben, obwohl »sowohl die deutsche als
auch die brasilianische Gesetzgebung eine Einmischung in den
Wahlkampf verbietet«, wie man auf
www.freiheit.org
nachlesen kann.
Gegen solche Politik positionieren wir uns und setzen in
solidarischer Verbundenheit mit linken Regierungen in Lateinamerika
eigene Akzente– zum Beispiel mit Veranstaltungen in der
jW-Ladengalerie. Am heutigen Samstag
laden wir ab 14 Uhr zusammen mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung zum
Tag des Lateinamerikanischen Spielfilms ein. Gezeigt werden drei
argentinische, auf Festivals ausgezeichnete Gegenwartsfilme:
»Das Opferlamm« (2008), »Der
Glasbehälter« (2008) sowie »Martin (Hache)«
(1997). Gegenwart und Geschichte Argentiniens können in den
Beziehungen der Filmfiguren hautnah erlebt werden. Am Abend spielt
das Duo »Mary & SilenTone« Soul, Jazz und Latino,
dazu gibt es einen kleinen Imbiß und allerlei Getränke.
Am 29. September, um 19 Uhr präsentieren wir den Film
»Zucker und Salz – Vier Freundinnen leben 50 Jahre
kubanische Revolution« (BRD/Kuba 2010). Zwei der
porträtierten Frauen, María de los Angeles und Elena
Aragón, sind eingeladen, um zusammen mit dem Filmenacher
Tobias Kriele mehr von ihrer kubanischen Wirklichkeit zu
vermitteln. Alle Interessierten sind willkommen, um mehr zu
erfahren: über das sozialistische Kuba, Lateinamerika,
Revolution, Freunschaft, Solidarität und darüber, wie man
¡Basta! sagt.
Verlag und Redaktion
Tag des Lateinamerikanischen Spielfilms, Samstag, 11.9., ab 14
Uhr, jW-Ladengalerie, Torstraße 6,
10119 Berlin (Nähe Rosa-Luxemburg-Platz)
Filmvorführung: »Zucker und Salz– Vier
Freundinnen leben 50 Jahre kubanische Revolution«, Mittwoch,
29.9., 19 Uhr, jW-Ladengalerie, Torstraße 6,
10119 Berlin (Nähe Rosa-Luxemburg-Platz)