22.04.2024 / Ausland / Seite 2

Türkei greift Nordirak an

Gefechte mit kurdischer Guerilla. Präsident Erdoğan reist nach Bagdad

Tim Krüger

Nachdem die türkische Luftwaffe seit dem 16. April ihre Luftangriffe auf das Bergland in der Kurdistan-Region des Irak intensiviert hatte, meldeten die Guerillaverbände der Arbeiterpartei Kurdistans PKK am Sonntag morgen den Beginn einer breit angelegten Bodenoffensive in der Region Metîna. Dabei verfolge die türkische Armee »eine andere Taktik« so die Pressestelle der kurdischen Volksverteidigungskräfte. »Die Invasion soll nicht auf einmal, sondern Schritt für Schritt ausgeweitet werden.« Demnach sollen sich die umkämpften Regionen, die zu den von der Guerilla kontrollierten »Medya-Verteidigungsgebieten« gehören, sowohl aus der Luft als auch vom Boden mit Raketenartillerie und Haubitzen beschossen werden. Lokale Quellen berichten von anhaltenden heftigen Bodengefechten zwischen Einheiten der Guerilla und türkischen Soldaten.

Der Vorstoß kommt nicht unerwartet. Schon seit Mitte März hatte die türkische Führung mit einer neuen Invasion in den Nordirak gedroht. So erklärte Verteidigungsminister Yaşar Güler jüngst, dass es darum gehe, eine »Sicherheitszone« zu errichten und dass die Operation 30 bis 40 Kilometer tief ins Landesinnere reichen werde. Schon in den vergangenen Jahren ist das NATO-Land Türkei mehrfach weit in das Territorium seines Nachbarlandes vorgestoßen. Nach Angaben der ortsansässigen NGO Community Peacemaker Teams (CPT) vom Wochenende soll die türkische Armee mittlerweile 64 völkerrechtswidrige Militärstützpunkte in der Kurdistan-Region unterhalten sowie 86 Prozent der Grenze zwischen türkischem Staatsgebiet und der Kurdistan-Region des Irak besetzt und auf irakischer Seite ein umfangreiches Militärstraßennetz gebaut haben.

Nach der Rückkehr des irakischen Premierministers Mohammed Schia Al-Sudani von Gesprächen aus Washington vor wenigen Tagen, wird der türkische Präsident Erdoğan am Montag in der irakischen Hauptstadt Bagdad erwartet. Die türkische Seite erklärte vorab, dass neben den wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder vor allem der Kampf gegen die PKK ganz oben auf der Tagesordnung des bilateralen Treffens stehen werde. Nach den jüngsten Gesprächen in Washington bekräftigten Sudani und US-Präsident Joseph Biden, es gelte »sicherzustellen, dass irakisches Öl die internationalen Märkte erreichen kann« und sprachen sich für eine »Wiederöffnung der Irak-Türkei-Pipeline« aus.

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