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Aus: Ausgabe vom 04.05.2024, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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»Frieden oder Krieg«

Zu jW vom 26.4.: »Orden fürs Morden«

Während in Italien am 25. April mit einem nationalen Feiertag der Befreiung vom Faschismus durch die Resistenza gedacht wird, hat die bundesdeutsche Ampelregierung nichts Besseres zu tun, als einen nationalen Veteranentag zu beschließen, der in Zukunft am 15. Juni stattfinden soll! Alle im Bundestag vertretenen Parteien, außer der Linke-Gruppe, stimmten zu. Wer soll da »geehrt« werden? Alle ehemaligen Soldaten seit Gründung der Bundeswehr 1955.

»Soldaten sind Mörder« hatte einst Kurt Tucholsky in der Glosse »Der bewachte Kriegsschauplatz« in der Weltbühne geschrieben. Das »anstößige« Zitat war immer wieder Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen, hat es aber nie zu einem Verbot gebracht. Durch den kürzlich von »Verteidigungsminister« Pistorius geäußerten Satz, Deutschland müsse »kriegstüchtig« werden, ist die Diskussion wieder aufgeflammt. Deutsche Soldaten sollen »umfassend wertgeschätzt« werden. Seit 1959 waren sie in über 50 Ländern im Einsatz für angeblich »friedenssichernde Einsätze«, real Kampfeinsätze, bei denen es eigene und fremde Verwundungen und Todesfälle gab, in Mali, Afghanistan und neuestens im Roten Meer. Angeblich für »Frieden und Freiheit«, auch für die »Freiheit unseres Landes«.

Gerade in einer Zeit größter Kriegsgefahr – durch immer größere Waffenlieferungen, verbotenerweise gerade in Kriegsgebiete – ist der Aufruf zu »Kriegsbeteiligung« als Normalität unverantwortlich. Angesichts eines Abdriftens Jugendlicher nach rechts kommen einige bundesdeutsche Politiker auf die Idee, im Schulunterricht mehr Wert auf »Geschichtsbewusstsein« zu legen. Auf welches?

Am 8./9. Mai jähren sich die Tage der Befreiung vom Faschismus. Der 8. Mai müsste längst zum nationalen Feiertag in der ganzen Bundesrepublik erklärt werden! Es geht um nicht weniger als Frieden oder Krieg. Ich habe als Kind den Zweiten Weltkrieg erlebt. Ich hoffe, dass an jenen Tagen Massen zu den Gedenkstätten, besonders in Berlin kommen. Wo die Rote Armee mit ungeheuren Opfern dem Faschismus ein Ende bereitete. Kein Zurück in die unselige Vergangenheit! Ein Signal für Frieden muss gerade in diesem Jahr von jenen denkwürdigen Orten ausgehen!

Eva Ruppert, Bad Homburg

Geschichtsfälschung

Zu jW vom 15.4.: »Gedenken nach 79 Jahren«

Stutzig wurde ich, als in den offiziellen Veröffentlichungen im Wertewesten Artikel auftauchten, die Stalin zum Hauptschuldigen am Zweiten Weltkrieg machten, Hitler hätte nur ein ganz klein wenig Schuld.

Dann konnte ich lesen, dass das Vernichtungslager der Nazis Auschwitz, wo 1,1 Millionen Menschen ermordet wurden, vor 75 Jahren von der US-Armee befreit worden sei. Ein Dementi dieser Ente erfolgte erst vier Wochen später. Im weiteren erfuhr ich vor einigen Jahren, dass Auschwitz von den Ukrainern befreit wurde. Die Rote Armee erreichte mit der 1. Ukrainischen Front unter Konew das Lager im Januar 1945. Als ob die vier ukrainischen Fronten nur aus Ukrainern bestanden hätten. Das sind mir vielleicht Geschichtskenntnisse!

Die historischen Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg werden zunehmend antirussisch politisiert. Russland wurde im Jahre 2024 zu den Gedenkfeiern am 27. Januar zum Internationalen Tag der Befreiung der Häftlinge aus den NS- Konzentrationslagern ausgeladen.

Zur gleichen Zeit werden die ukrainischen Faschisten, die direkten Nachfolger Banderas und seiner Gefolgsleute, die an den Erschießungen von 33.771 Juden in Babi Jar bei Kiew 1941 beteiligt waren, vorbehaltlos unterstützt. Man schwadroniert entschuldigend von der »problematischen Seite des ukrainischen Nationalismus« und relativiert so die NATO-Politik gegen Russland.

Vom Leiter der Gedenkstätten in der BRD hört man: »Den Schwerpunkt sollen weiterhin die von großen Teilen der Bevölkerung getragenen staatlichen Verbrechen der Vergangenheit bilden, die der SED- und die der NS-Diktatur.«

Gerd Machalett, Siedenbollentin

Wahlen in Südafrika

Zu jW vom 27./28.4.: »Verraten und gekauft«

In gut vier Wochen finden hier die Wahlen statt, für die National Assembly (Parlament) sowie für die Provinzparlamente. Dies in einer Situation, so wie sie der Kollege Christian Selz in seinem Artikel beschreibt. Die meisten Umfragen sagen voraus, dass der regierende ANC seine absolute Mehrheit verlieren wird. Auch wenn das Umfragewesen hierzulande nicht sehr ausgeprägt und etabliert ist, es gibt genügend Anzeichen dafür, dass diese Voraussage eintreten kann. Zum Beispiel meine Frau, in Soweto aufgewachsen und sozialisiert. Sie hat anfangs immer für den ANC gestimmt. Bis zum »Zuma-Putsch« innerhalb des ANC (2007). Danach verlor sie das Vertrauen in die einstige Befreiungsbewegung. Selbst Zuma-Befürworter von damals haben seither dem ANC den Rücken gekehrt. Für meine Frau sind die Parlamentswahlen stets mit den sprichwörtlichen Bauchschmerzen verbunden. Was soll sie wählen? Sie gehört zu jenen, die unbedingt zur Wahl gehen wollen. Viele Menschen treten nicht mehr den Weg zur Wahlurne an. Eine vertrauenswürdige Alternative zum ANC ist nicht in Sicht, schon gar keine linke. Die Kommunistische Partei (SACP) ist noch immer mit Haut und Haaren dem ANC verschrieben. Die neoliberale DA steht für einen entfesselten Kapitalismus (»freie« Marktwirtschaft ohne Sozialklimbim). Die EFF, die verstoßenen Kinder des ANC, üben sich in radikal-linker Demagogie mit starken Tendenzen zu afrikanischem Nationalismus. Das heißt, so sehe ich das, die EFF stellt die (schwarz-)afrikanische Identität über die Werte der Verfassung. Die VF Plus (Vryheidsfront Plus) vertritt die Interessen der afrikaanssprachigen weißen Bevölkerung. Es gibt eine ganze Latte von kleineren und Kleinstparteien sowie seit neuestem auch unabhängige Kandidaten, die als Einzelpersonen den Sprung ins Parlament wagen wollen. Dem Wahlvolk präsentiert sich also ein ziemlicher Wildwuchs. Koalitionen auf lokaler Ebene haben bislang nicht lange gehalten. Wie das auf nationaler Ebene funktionieren soll, steht in den Sternen.

Detlev Reichel, Tshwane (Südafrika)

Der 8. Mai müsste längst zum nationalen Feiertag in der ganzen Bundesrepublik erklärt werden!

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