Lehrstück vom Scheitern
Feines Gespür für soziale Hierarchien: »Mid90s«, ein kleines Kinojuwel
Maximilian SchäfferMit der Nostalgie ist es so eine Sache. Schließlich gibt es einen Haufen gefühlsduseliger Retrofilme, die davon ausgehen, dass Farbfilter, Requisiten und ein Soundtrack mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner der Zeit jede Narration überflüssig machen. »Mid90s« hätte ein solcher Film werden können, wurde es aber nicht. Das Regiedebüt des Hollywoodschauspielers Jonah Hill ist ein vollumfänglich famoser Film geworden, kein gimmickhaftes Zeit- oder Szeneporträt, sondern einer der besten »kleinen« Filme seit langer Zeit.
Gedreht im alten 4:3-Fernsehformat auf 16-mm-Analogfilm, ruft die Produktion zunächst verdächtig viel in Erinnerung: Ninja Turtles, Super Nintendo, CD-Sammlung. Im Hintergrund spricht der Wu-Tang Clan Lieder von flüssigen Schwertern, singen Nirvana von Nachtmahren mit bleiernen Bäuchen. So waren die Mittneunziger – darauf lässt der Filmtitel unsubtil schließen.
Auftritt Hauptfigur. Stevie (Sunny Suljic) wird von seinem älteren Bruder verdro...
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