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Zwei Welten

Während Lebensmittelpreise weiter ansteigen, liefern sich Handelsketten Preiskampf um Verdrängung. Tarifverhandlungen im Handel angelaufen

Lebensmittel dürften »kein Luxusprodukt sein«, wiederholt der Chef von Lidl Deutschland, Christian Härtnagel, bei jeder Gelegenheit. Diese schlichte Erkenntnis des Managers passt so gar nicht zu der Erfahrung, die Verbraucher an hiesigen Supermarktkassen in den vergangenen Monaten machen mussten. Die zum Schwarz-Konzern gehörende Handelskette kann sich trotz Krisenzeiten in sicherem Fahrwasser wähnen. Auch wenn sich der Konzern mit Gewinnzahlen grundsätzlich bedeckt hält, wuchsen laut Handelsblatt (Donnerstag) alle Sparten des Handelsriesen »sowohl im Kerngeschäft Discount wie auch in neu zugekauften Geschäftsfeldern« im vergangenen Jahr »zweistellig«. Dabei habe auch die Inflation geholfen, »die die Verkaufspreise in die Höhe trieb«, erklärte die Wirtschaftszeitung.

Während das Statistische Bundesamt für April einen Preisanstieg von 17,2 Prozent bei Lebensmitteln ausmachte, ist der Tenor im Handelsblatt indes ein anderer: »Lidl heizt den Preiskampf an«, so die Titelankündigung zum Gespräch mit Härtnagel. Unmittelbar nachdem Lidl und Konzernschwester Kaufland vorvergangene Woche angekündigt hatten, Preise für Nudeln ihrer Eigenmarke dauerhaft um 20 Prozent zu senken, habe die Discountkonkurrenz etwa in Form der Ketten Aldi Süd und Aldi Nord unmittelbar darauf gleichgezogen. Edeka-Chef Markus Moser prognostizierte dem Handelsblatt angesichts dieser Dynamik für das laufende Jahr »zumindest stabile (…) wenn nicht sogar sinkende« Preise.

Die Preisbildung bei den Discountern sei »wahnsinnig intransparent« und ließe sich nur schwer nachvollziehen, erklärte Andreas Winkler am Donnerstag im Gespräch mit junge Welt. Im vergangenen Jahr hätten sich jedoch »einige Mitnahmeeffekte« bei den Handelsketten beobachten lassen, so der Sprecher der Organisation Foodwatch (FW). Eine FW-Studie vom März ergab, dass die größten Preissteigerungen der Supermärkte bei deren Eigenmarken vollzogen wurden. Demnach erhöhten sich die Preise der sogenannten Billigprodukte von Aldi, Lidl, Rewe und Edeka um mehr als 30 Prozent. Es dürfte keine insgesamt große Entlastung in der Preisentwicklung bedeuten, wenn die Händler solche vorher eingeführten überdurchschnittlichen Steigerungen nun im Verdrängungswettkampf zurücknehmen.

Nach Zahlen des Marktforschers GfK büßten Markenhersteller im schwelenden Preiskampf der Handelsketten mit den großen Lebensmittelkonzernen seit Ende 2021 rund acht Milliarden Euro Umsatz ein, während »preiswerte Einstiegsmarken« »am stärksten« zugelegt hätten, so das Handelsblatt. So habe etwa Nestlé mit einigen Produkten den US-Konzern Mars aus Edeka-Regalen werfen können. Die Branche dürfte sich trotz Preiswettbewerb wie schon in der Coronapandemie als Krisengewinner hervortun. Denn, so erklärte es der Geschäftsführer des Forschungsinstituts IFH, Kai Hudetz, der Wirtschaftszeitung, Kunden könnten bei Waren des täglichen Bedarfs ihre Ausgaben zwar »reduzieren, aber sie nicht komplett einschränken«.

Neben dem Verdrängungswettbewerb der Handelsketten sind für die bundesweit rund fünf Millionen Beschäftigten im Handel Tarifverhandlungen angelaufen. Wie ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi am Donnerstag gegenüber jW erklärte, sei der Handel »heute eine der Branchen mit dem höchsten Altersarmutsrisiko«. Die Branche sei von »Lohndumping« und »insgesamt einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen« geprägt, seit die Unternehmerseite die Allgemeinverbindlichkeitserklärung um die Jahrtausendwende »einseitig aufgekündigt« habe. Diese sei daher neben tabellenwirksamen Entgelterhöhungen eine wichtige Forderung. Andere Schwerpunkte bei den Händlern: Um »weiter die günstigsten Preise bieten zu können« werde Lidl versuchen, »die Prozesse und die Strukturen so schlank wie möglich zu halten« , hatte Manager Härtnagel dem Handelsblatt erklärt.

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