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»Die Zahl ist zu hoch«
Großbritannien: Behörde veröffentlicht Statistik zu Zuwanderung
Es war eine der lautesten Parolen der »Brexit«-Befürworter im Vereinigten Königreich: »Take back control«. Durch Abschottung der Grenzen sollte der Zuzug von Menschen aus anderen Ländern begrenzt werden. Doch daraus wurde nichts. Am Donnerstag stellte das Nationale Statistikamt ONS in London seine jüngsten Zahlen über Einwanderung vor. Demnach sind im vergangenen Jahr so viele Menschen wie nie zuvor nach Großbritannien eingewandert: 600.000 Personen mehr, als das Land verließen, was die Zahl von 2021 um ganze 118.000 übersteigt. Der frühere Regierungschef Boris Johnson hatte seiner rechten Anhängerschaft versprochen, die Zuwanderung auf unter 250.000 Menschen pro Jahr zu senken.
Die neu vorgelegten Daten bestätigen dpa zufolge, dass die Zahl der eingewanderten EU-Bürger seit dem »Brexit« sinkt. Das liege vor allem daran, dass EU-Bürger seit 2021 ein Visum benötigen, wenn sie im Vereinigten Königreich leben wollen. 2022 zogen 151.000 EU-Bürger ins Land, das waren 13 Prozent aller Zuzügler und 45.000 weniger als 2021. 2018 hatten sie noch mehr als 52 Prozent aller Zuzügler ausgemacht. Hingegen ist die Zahl der Immigranten aus Nicht-EU-Ländern auf mehr als 900.000 gestiegen. Das liege an einer großen Zahl von Schutzbedürftigen: davon allein 200.000 aus der Ukraine. Der Anteil Schutzsuchender an der Gesamtzahl habe sich von neun auf 19 Prozent erhöht. Bei der britischen Wirtschaft stoßen die Zahlen auf Missfallen. Sie klagt über »Fachkräftemangel«, der sich nach dem »Brexit« schmerzlich bemerkbar mache, wie dpa notiert, und hätte gern mehr gut ausgebildete EU-Einwanderer.
Premierminister Rishi Sunak hatte am Donnerstag morgen Gelegenheit, auf dem Sender ITV zu den vom ONS vorgelegten Zahlen Stellung zu nehmen. Die Zahlen seien »zu hoch, so einfach ist das«, äußerte der rechte Torie-Chef. Er verwies auf eine erst vor wenigen Tagen getroffene Regelung, wonach es Gaststudenten nicht mehr erlaubt ist, Familienangehörige nach Großbritannien mitzunehmen. Außerdem kündigte er laut dem Sender Al-Dschasira einmal mehr an, verstärkt gegen »illegale Einwanderung« und also Überfahrten verzweifelter Schutzsuchender über den Ärmelkanal vorgehen zu wollen. Womit schlicht eine Politik weiterverfolgt wird, deren Scheitern soeben konstatiert wurde.