22.09.2007 / Feuilleton / Seite 13

Mitte des Lebens

Fritz Raff, ARD-Vorsitzender und Intendant des Saarländischen Rundfunks, hat erklärt, wie sehr der öffentlich-rechtliche Rundfunk auf Reklame angewiesen ist – nicht ökonomisch, sondern inhaltlich. Die Werbung bilde den »Lifestyle der Gegenwart« ab, sei unverzichtbarer Teil des öffentlichen Lebens. Erst sie verschaffe dem Programm die notwendige Glaubwürdigkeit, den Ruf, »in der Mitte des Lebens« zu stehen. Gerade aus den publikumsstarken Hörfunkprogrammen seien«die Hinweise über Aktionen und Angebote bestimmter Produktanbieter und Unternehmen« deshalb nicht wegzudenken. Mit dieser wünschenswerten Klarheit wies Raff Forderungen nach werbefreien Programmen zurück, die kürzlich der Vorsitzende der SPD-Medienkommission, Marc Jan Eumann, erhoben hatte. Sollte eines Tages der Werbemarkt zusammenbrechen (Gott bewahre!), müßte Raff dann GEZ-Gelder für Reklamespots lockermachen? Im Interesse der Nutzer? Ganz so schlimm ist es nicht. Der Mann mit dem sprechenden Namen kennt nicht nur seine Pappenheimer und Lifestyle-Inhalte, er vertritt auch die Interessen der Industrie: »Die werbetreibende Wirtschaft sieht die Werbeplätze in den öffentlich-rechtlichen Programmen als unverzichtbar an.« Und zu guter Letzt hat er doch immerhin die Vernunft eines Buchhalters: »Durch Netto-Werbeeinnahmen fließen allein der ARD rund 365 Millionen Euro zu. Würden diese Einnahmen bei ARD und ZDF wegfallen, müßte zur Kompensation die monatliche Gebühr um 1,42 Euro erhöht werden.« (ots/jW)
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