14.07.2007 / Aktion / Seite 16

Taktik-Kassiber: Benutzt uns!

Was Leserinnen und Leser für die jW tun können

Commander Shree Stardust
»Wir brauchen vor allem eine Zeitung – ohne sie ist jene systematische Durchführung einer prinzipienfesten und allseitigen Propaganda und Agitation unmöglich, die die ständige und wichtigste Aufgabe der Sozialdemokratie im Allgemeinen und eine besonders dringliche Aufgabe des gegenwärtigen Moments darstellt, wo das Interesse für Politik, für Fragen des Sozialismus in den breitesten Bevölkerungsschichten wach geworden ist.«

Lenin: »Womit beginnen?« (1901)
Man wird die Sprache Lenins befremdlich finden. Einige seiner Vokabeln haben für uns Heutige einen dezidierten Beigeschmack von Manipulation und Massenverdummung – so die Worte »Agitation«, »Propaganda« oder »Sozialdemokratie«. Auch gäbe es Kritisches zu Lenins Parteitaktik zu sagen. Die »Linie« beispielsweise ist kaum die geometrische Figur unserer Befreiung. Die Zeitung, ergänzt um Mailinglisten, Homepages und dergleichen, bleibt ein unverzichtbares Instrument für jede Bewegung, die über den rein lokalen Horizont hinausreichen will.

Mythos »Sommerloch«

Der Grund unserer subjektiven Schwäche »liegt durchaus nicht darin, daß man sich allgemein mit der Polizeiwillkür abgefunden hätte. Der Grund ist der, daß die Leute, die fähig und bereit sind, Mißstände zu enthüllen, keine Tribüne haben, von der sie sprechen könnten, daß sie kein Auditorium haben, das den Rednern leidenschaftlich zuhören und sie ermutigen würde...« (Lenin)

Somit ist das »Sommerloch« ein Mythos jener bürgerlichen Journaille, die an der Enthüllung von Miß- und Widerständen wenig Interesse hat, die den zwischenzeitlich stockenden Munitionsnachschub ihrer Auftraggeber in Sachen Diskursklassenkampf aber hartnäckig mit »Nachrichtenarmut« verwechselt. Für diese Zeitung dagegen bedeutet »Sommerloch«, daß wir einmal die Möglichkeit haben, die Besetzung einer Radfabrik im thüringischen Nordhausen dort zu plazieren, wo sie hingehört: auf der Titelseite.

Lokale Ebene

Mailinglisten, E-Mails, Homepages. Die Globalisierungsbewegung hat diese Instrumente virtuos entwickelt. Auch jungewelt.de ist am Werk, das Online-Angebot dieser Zeitung kontinuierlich zu verbessern und auszubauen. Das ist wichtig und erfordert eine dauerhafte Anstrengung.

Kein Mausklick aber kann direkte Kommunikation ersetzen. Eine echte Zeitung auf bedrucktem Papier, die von echten Menschen zu echten Menschen geht oder auf einem echten Frühstücks­tisch liegt, bedeutet Vernetzung in einer Tiefe und Intensität, die das Internet nicht leisten kann.

Die junge Welt schätzt sich glücklich, von einer aktiven Leserinnen- und Leserschaft getragen zu werden. Aktive Leserinnen und Leser sind unsere wichtigste Nachrichtenbasis. Auch, daß es diese Zeitung ohne diese aktive Basis nicht gäbe, ist an dieser Stelle oft betont worden.

Jetzt aber gibt es uns nicht nur. Die Phase des nackten Überlebenskampfs ist abgeschlossen. Junge Welt wächst und gedeiht. Wir wollen aber mehr. Es wird Zeit, einen großen Schritt zu tun – auch und gerade im Verhältnis mit unseren Leserinnen und Lesern.

Aktive Basisstruktur

Es ist ein Punkt erreicht, wo die Weiterentwicklung des Projekts auf der zentralen Ebene, in Redaktion und Verlag, nur noch sehr einseitig gefördert werden kann. Was wir jetzt brauchen, ist eine Welle der Unterstützung auf der lokalen Ebene.

Dafür gibt es bereits zahlreiche Ansätze. Ein Blick auf die jW-Landkarte zeigt einige klar erkennbare Hochburgen. Interessanterweise sind dies oft die historischen Zentren der revolutionären Arbeiterbewegung und der radikalen Linken, wie das Ruhrgebiet, Sachsen, Berlin, Hamburg oder Thüringen. Es gibt Kampa-Gruppen und Leserinitiativen, die sich um die junge Welt herum organisiert haben. Aber auch viele einzelne im ganzen Bundesgebiet verteilen die junge Welt auf Veranstaltungen und Demos, werben Abos und machen bekannt, daß es diese Zeitung überhaupt gibt.

Auf der Karte gibt es aber auch schmerzliche und große Leerflächen. Wir haben keine aktive Gruppe in Stuttgart, Saarbrücken und Köln. Wir verkaufen 20 Prozent unserer Auflage in Berlin. Eine lokale Struktur, die uns hier unterstützt, fehlt bisher. Und es gibt ganze Landstriche, wohin eine echte, papierne junge Welt den Weg noch nie gefunden hat.

3600

Unsere Kampagne »Den Hammer schmieden« zum 60. Geburtstag der jungen Welt hat ein definiertes Ziel. Dieses Ziel heißt 3600 neue Abos bis Jahresende. 3600 sind ein Zuwachs, der junge Welt in eine qualitativ neue Lage versetzen wird. Es ist aber auch ein Ziel von beachtlicher Durchgeknallt­heit. Passend, so mag man gedacht haben, zu diesen durchgeknallten Zeiten. Weniger passend vielleicht zu einem Jahr, in dem die zentrale Struktur des Projekts auch noch einen Umzug und den Aufbau einer eigenen Abo-Verwaltung zu stemmen hat.

Der G-8-Boom, den eine Woche erfolgreicher Proteste auch der jungen Welt beschert hat, bietet uns jetzt die Chance, die Zielmarke doch noch zu knacken. Wir stellen anhand der Kiosk­verkäufe und Online-Zugriffe fest, wie dieser Boom mit erstaunlicher Hartnäckigkeit weiter wirkt.

Wir brauchen und wünschen uns einen ganzen Schwung neuer Unterstützer vor Ort. Wir planen nicht, Leserinnen und Leser im Stile einer linken Drückerkolonne lediglich auf Abo-Jagd zu schicken. Wir schicken gar niemanden irgendwohin. Wir wollen aktive, selbstbewußte und vor allen Dingen eigenständig agierende Unterstützer, am besten Unterstützergruppen vor Ort.

Zuständig für Anfragen zur lokalen Vernetzung ist Ingo Höhmann, telefonisch erreichbar unter 030/56635582 oder per E-Mail ihm@jungewelt.de.

Benutzt uns – wie es Euch gefällt!



Kampaziel 2007: 3600 neue Abos
Wochenergebnis: 52 ABOS
Aktueller Stand: 1399 Abos
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