28.09.2006 / Kapital & Arbeit / Seite 9

Gangster auf der Autobahn?

Prozeß gegen Manager der Großspedition Betz fortgesetzt. Urteil frühestens Juni 2007

Mit der Abweisung einer Verteidigerbeschwerde gegen eine Schöffin ist am Mittwoch vor dem Stuttgarter Landgericht der Korruptionsprozeß gegen den Spediteur Thomas Betz fortgesetzt worden. Es bestehe kein Grund, die Unparteilichkeit der Frau in Zweifel zu ziehen, nur weil sie auf einer Gewerkschaftsveranstaltung von den Vorwürfen gegen die Angeklagten gehört habe, erklärte die Wirtschaftsstrafkammer. Betz und vier weiteren Angeklagten wird unter anderem Bestechung und Sozialversicherungsbetrug in Millionenhöhe zur Last gelegt.

Hauptangeklagter in dem Mammutverfahren mit 70 geplanten Verhandlungstagen ist der 48jährige Geschäftsführer Thomas Betz, der seit einem Jahr in Untersuchungshaft sitzt. Mitangeklagt sind der Prokurist sowie ein ehemaliger Angestellter der Spedition, der frühere Vizepräsident des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) sowie eine georgische Staatsangehörige.

Die Staatsanwaltschaft wirft Thomas Betz vor, sich gemeinsam mit zwei Mitarbeitern durch Schmiergeldzahlungen in Georgien und Aserbaidschan Genehmigungen für den grenzüberschreitenden Transport beschafft zu haben. Insgesamt sollen von 1999 bis 2002 mehr als vier Millionen Euro an hohe Amtsträger in beiden Ländern geflossen sein. Die Angeklagten sollen zudem unter anderem Visa für bulgarische Kraftfahrer erschlichen und Kennzeichen gefälscht haben.

Ein weiterer zentraler Vorwurf lautet auf Hinterziehung von Sozialabgaben in Millionenhöhe. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, daß mehrere hundert bulgarische Fahrer nicht in Bulgarien, sondern in Wahrheit bei der Firma in Deutschland beschäftigt waren. Die Spedition bestreitet dies.

Der Prozeß soll bis mindestens Juni 2007 dauern.

(AP/ddp/jW)
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