03.08.2006 / Inland / Seite 1

Ulla Schmidt zeigt die Knute

Krankenkassen offenbar uneins über geplante Kampagne gegen »Gesundheitsreform«

Einen Tag vor dem angekündigten »aufsichtsrechtlichen Gespräch«, zu dem das Gesundheitsministerium die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen vorgeladen hat, ging am Mittwoch die Kontroverse um die angeblich geplante Kampagne der Kassen gegen die Eckpunkte einer neuen »Gesundheitsreform« weiter. Klaus Vater, Sprecher von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), betonte, es sei nicht vorstellbar, daß die Chefs öffentlicher Körperschaften erklären könnten, ein Gesetz gefalle ihnen nicht und sie akzeptierten es daher nicht. Unionsfraktionsvize Wolfgang Zöller (CSU) warf den Krankenkassen vor, eine sinnvolle Umsetzung der Gesundheitsreform blockieren zu wollen.

Der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse, Norbert Klusen, untermauerte dagegen die Kritik der Kassen. Der vorgesehene Gesundheitsfonds bedeute staatliche Beitragsfestsetzung und führe zu mehr Bürokratie. Dagegen erklärte die größte Betriebskrankenkasse BKK am Mittwoch ihren Rückzug aus der Protestfront. Man wolle vielmehr »gerne mitgestalten«, sagte BKK-Vorstandschef Ralf Sjuts im Sender n-tv. Befürchtungen, durch den Fonds gingen Zehntausende Arbeitsplätze verloren, nannte er »völlig überzogen und unberechtigt«. Für den Mittwoch nachmittag hatte Schmidt die Chefs der 50 größten deutschen Krankenkassen zu einem Treffen eingeladen. Dabei sollte es jedoch nicht um die vermeintliche Kampagne gehen. Vielmehr sollten die Vorsitzenden zu Sachfragen rund um die Reform angehört werden.

Im koalitionsinternen Streit über die Steuerfinanzierung der Kindermitversicherung machte Zöller unterdessen einen Kompromißvorschlag. Beim Aufbau dieser Art der Finanzierung könnten die öffentlichen Mittel, wie von der SPD verlangt, zunächst als allgemeiner Bundeszuschuß deklariert werden und nur gesetzlich versicherten Kindern zukommen. Wenn die volle Summe von bis zu 16 Milliarden Euro durch Steuermittel gedeckt sei, müßten »aus Gerechtigkeitsgründen« aber auch die privat versicherten Kinder einbezogen werden, so der CSU-Politiker.

(ddp/AP/jW)
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