31.03.2006 / Feuilleton / Seite 12

Staatsanwalt als Anti-Antifa

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat Anklage gegen einen schwäbischen Versandhändler erhoben, weil er Antinazisymbole wie etwa durchgestrichene Hakenkreuze vertreibt. Zwar ist sich die Behörde nach Angaben ihrer Sprecherin Tomke Beddies vom Mittwoch bewußt, daß mit den veränderten Hakenkreuzen ein Protest gegen Rechtsextremismus zum Ausdruck gebracht werden soll und »eine verfassungsfeindliche Gesinnung also nicht besteht«. Gleichwohl sieht sie in den Aufnähern, Buttons oder T-Shirts, die der Punk-Versand aus Winnenden vertreibt, einen Verstoß gegen das Verbot einer Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Das Landgericht Stuttgart muß nun klären, ob vor allem ein innerhalb eines Halteverbotsschildes dargestelltes, durchgestrichenes Hakenkreuz zulässig ist. Es solle bereits »der Anschein« vermieden werden, das Hakenkreuz sei in Deutschland wieder »alltagstauglich« – dabei mangelt es in Deutschland gerade am alltäglichen Antifaschismus. Die SPD-Bundestagsabgeordneten Niels Annen und Sebastian Edathy warfen der Staatsanwaltschaft vor, mit der Anklage eine »unterstützenswerte demokratische Gesinnung« zu kriminalisieren. Der Bundesgerichtshof habe bereits 1973 festgestellt, daß die Abbildung eines Hakenkreuzes nicht strafbar ist, wenn sie für einen objektiven Betrachter eindeutig die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus ausdrückt.     (AFP/jW)
 
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