22.04.2024 / Inland / Seite 4

Rascheln in Prag

Fall Bystron: Tschechischer Geheimdienst und deutsche Medien legen nach

Kristian Stemmler

Die Affäre um angebliche Zahlungen aus russischen Quellen an den AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron köchelt weiter. Am Freitag abend publizierten deutsche Medien fast gleichzeitig neue Vorwürfe gegen Bystron, der auf Platz zwei der Liste seiner Partei für die EU-Parlamentswahl steht. Die Zeit berichtete von Audioaufnahmen, die ihn belasten sollen, der Spiegel wusste von Videoaufnahmen, die der tschechische Geheimdienst in Prag von Bystron gemacht habe.

Laut der Zeit, dem ARD-Magazin »Kontraste« und der tschechischen Zeitung Deník N hat der Nachrichtendienst BIS am Donnerstag Abgeordneten des für Geheimdienste zuständigen Kontrollgremiums vier Audiomitschnitte vorgespielt. Auf zwei der Aufnahmen soll Bystron zu hören sein. Aufgezeichnet wurde demnach ein Gespräch Bystrons mit dem Geschäftsmann Artem Martschewskij in Prag, der die Geschäfte bei dem als prorussisch eingestuften Nachrichtenportal Voice of Europe operativ geleitet haben soll. Der BIS und mehrere Abgeordnete, die die Aufnahme gehört haben, verbreiten nun, dass es dabei zu einer Übergabe von 20.000 Euro an Bystron gekommen sei. »Bystron raschelt auf der Aufnahme mit Geld und zählt es«, erklärte einer der Abgeordneten laut Zeit.

Der Spiegel berichtete gleichzeitig von Videoaufnahmen, die der BIS von drei Begegnungen des AfD-Politikers mit Martschewskij in den vergangenen Monaten angefertigt hat. Darauf sei »nach Angaben mehrerer mit dem Fall vertrauten Personen« zu sehen, wie Bystron von Martschewskij kleine Pakete erhält. In den Auswertungspapieren sei jeweils von einem »unidentifizierbaren Gegenstand« die Rede. Die Audioaufnahmen sollen wiederum nahelegen, dass es sich um Geldpakete handelte.

Am Mittwoch hatte das Portal Tagesschau.de noch über »spärliche Informationen« von tschechischer Seite berichtet und es für fraglich erklärt, ob überhaupt eine Audiodatei eines Gesprächs zwischen Bystron und Martschewskij existiert. Der deutsche Inlandsgeheimdienst erhielt demnach bis dahin nur Zusammenfassungen – »übliche Meldungen auf Grundlage nachrichtendienstlicher Erkenntnisse«, deren »Ursprung allerdings unklar ist«.

Bystron erklärte zu den neuen Vorwürfen noch am Freitag gegenüber dpa, es werde versucht, »alten Kaffee noch mal aufzubrühen, um die Kampagne gegen die AfD bis zur EU-Wahl in den Medien halten zu können«. Er habe sich bereits mehrfach zu den angeblichen Geldübergaben geäußert. Der AfD-Kovorsitzende Tino Chrupalla sagte am Samstag, die Parteispitze stehe weiterhin hinter Bystron. Es sei klar, dass es hier um Vorwürfe gehe, für die bislang keine Belege und Beweise zur Verfügung gestellt wurden. »Von daher haben wir gar keine Möglichkeit, anders zu reagieren«, so Chrupalla. Es sei gleichwohl klar, dass Meinungen nicht käuflich seien, das dulde man nicht, das seien »ganz klar rote Linien«. Der AfD-Vorstand will am Montag abend erneut über den Vorgang beraten.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Katja Mast erklärte, Bystron und die AfD könnten die Vorwürfe, Geld aus »dunklen« russischen Quellen angenommen zu haben, nicht entkräften. Wer wisse schon, »was da im Hintergrund noch läuft«.

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