18.04.2024 / Schwerpunkt / Seite 3

Wirtschaftsbosse gegen EU-Strafzölle

Mercedes, BMW und Co. kritisieren in Beijing Verschärfung des Wirtschaftskrieges durch Brüssel

Jörg Kronauer

Dass die EU Strafzölle auf den Import chinesischer Elektroautos einführen will, ist in der Wirtschaftsdelegation, die Bundeskanzler Olaf Scholz auf seiner China-Reise begleitete, auf einigen Unmut gestoßen. »Was wir nicht gebrauchen können«, äußerte Mercedes-Chef Ole Källenius in Beijing, seien »steigende Handelshindernisse«. BMW-Chef Oliver Zipse sprang ihm umgehend bei: Man solle »es nicht übertreiben mit der Angst vor ausländischen Herstellern«; »wir sind zuversichtlich, dass wir wettbewerbsfähig sind.« Unterstützung kam auch von der Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, die in der Welt am Sonntag mitteilte: »Antisubventionsmaßnahmen wie zusätzliche Zölle würden die Herausforderungen für die europäische und deutsche Automobilindustrie nicht lösen«. Scholz ging auf seiner China-Reise denn auch erkennbar auf Distanz zu dem Vorstoß der EU-Kommission.

Dass ausgerechnet Mercedes und BMW Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in den Rücken fallen, hat einen simplen Grund. Chinesische Elektroautohersteller, die zur Zeit auf den deutschen bzw. auf den EU-Markt zu expandieren suchen, zielen dort vor allem auf das preisgünstigere Marktsegment, und dort haben sie, da sie deutlich billiger produzieren, auch ernsthaft Chancen im Kampf gegen die europäische Konkurrenz. Mercedes und BMW sind mit ihren teuren Limousinen nicht so starkem Konkurrenzdruck aus der Volksrepublik ausgesetzt; zudem können sie darauf bauen, dass ihre Kunden auch weiterhin die teure, aber berühmte Traditionsmarke kaufen. Versprechen sie sich also allenfalls geringe Vorteile von Strafzöllen auf Importe aus China, so fürchten sie bittere Nachteile: Wie Volkswagen setzen sie 30 bis 40 Prozent ihrer Neuwagen in der Volksrepublik ab; sie sitzen also, sollte Beijing sich zu Gegenmaßnahmen genötigt sehen, auf dem Präsentierteller. »Der von der EU-Kommission beabsichtigte Zweck von Ausgleichszöllen«, wandte VDA-Präsidentin Müller denn auch ein, »könnte sich bei einem Handelskonflikt entsprechend schnell negativ auswirken«. Gefragt sei statt dessen Dialogbereitschaft auf beiden Seiten.

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