13.04.2024 / Ausland / Seite 6

Gegen den Tod am Arbeitsplatz

Italien: Vierstündiger Generalstreik nach Explosionsunglück in Wasserkraftwerk

Gerhard Feldbauer

Nach einer Explosion in einem Wasserkraftwerk, bei der mindestens sieben Arbeiter starben, ist es am Donnerstag in Italien zu einem Generalstreik gekommen. »Keine weiteren Todesfälle bei der Arbeit«, lautete die zentrale Forderung des vierstündigen Ausstandes sowohl in privaten Unternehmen wie im öffentlichen Dienst. Im Baugewerbe und in den Bozener Stahlwerken streikten die Beschäftigten sogar ganztägig. Da auch die Regionalzüge von Trenord, ebenso die U-Bahnen, Busse und Straßenbahnen landesweit stillstanden, kam das Wirtschaftsleben weitgehend zum Erliegen. Der Generalsekretär des Gewerkschaftsbundes CGIL, Maurizio Landini, sprach auf der Abschlusskundgebung in Brescia von »einem vollen Erfolg« des Protestes.

Zum Generalstreik hatten die nationalen Leitungen der Gewerkschaften der Beschäftigten im Chemie-, Textil- und Energiesektor der beiden Gewerkschaftsbünde CGIL und UIL aufgerufen, während der dritte Bund CISL fernblieb. Deren Generalsekretär Luigi Sbarra sprach sich jedoch gegen den Beschluss des Vorstandes aus und betonte, gegen die Todesfälle am Arbeitsplatz sei »Einigkeit erforderlich«.

Im gemeinsamen Streikaufruf von CGIL und UIL hieß es: »Wir kämpfen für die Verteidigung der Rechte und des Einkommens von Arbeitnehmern, Rentnern, Jugendlichen und Frauen, für eine Schule, eine Gesundheitsversorgung und einen Sozialstaat, der diesen Namen verdient.« Der Unfall in dem vom Energiekonzern ENEL betriebenen Wasserkraftwerk Bargi am Szviana-See hatte die Forderung nach Sicherheit am Arbeitsplatz in den Vordergrund treten lassen. Von »Sterben, um sein Brot zu verdienen« und Geschichten von »zerstörtem Leben, von oft sehr jungen Frauen und Männern, die nicht mehr von der Arbeit zurückkehren«, war in der linksliberalen Zeitung Resto del Carlino in Bologna die Rede.

Mit dem Generalstreik beginnt eine Kampagne der beiden beteiligten Gewerkschaftsbünde zur Unterstützung der von ihnen eingebrachten Referenden gegen die Kündigungsregeln des Beschäftigungsgesetzes, gegen die Liberalisierung befristeter Arbeitsverträge und zur Verantwortung der Unternehmen für Arbeitsunfälle.

Der Ausstand am Donnerstag war der Höhepunkt einer Streikwelle, die am Freitag letzter Woche mit der Arbeitsniederlegung der Hafenarbeiter begonnen hatte. Es folgten Antikriegsstreiks an Universitäten am Dienstag sowie Ausstände von Sozialarbeitern am Mittwoch. Für Freitag waren Streiks beim Automobilkonzern Stelanntis (früher: Fiat Chrysler Automobiles) angekündigt.

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