05.04.2024 / Sport / Seite 16

Nur ein kleiner Verein aus der Provinz

René Lau

Die Sportgerichtsbarkeit hat einen wichtigen Platz in unserem Rechtsstaat. Durch das Grundgesetz geschützt, urteilen Sportgerichte der Verbände über die Vereine oder einzelne Sportler. So auch im Fußball, nur werden hier die Entscheidungen stärker wahrgenommen. In der Regel informieren die Verbände über die Urteile oder die Vereine tun es selbst. Leider akzeptieren immer noch zu viele Klubs die teils drakonischen Strafen, ohne sich zu wehren. Und so durften wir gespannt sein, wie der Deutsche Fußballbund (DFB) und die ihm untergeordneten Verbände auf die kreativen Proteste der Fans gegen den Investoreneinstieg bei der Deutsche Fußballiga (DFL) reagieren würden.

Werden Pyrotechnikvergehen bestraft, läuft es normalerweise so, dass der Wahrer des heiligen Fußballfriedens die pyrotechnischen Gegenstände zählt und die Strafen je nach Ligenzugehörigkeit hochrechnet. Deshalb war interessant, wie die juristische Aufbereitung der Antiinvestorproteste wohl laufen würde. Will man wirklich alle auf die Plätze geworfenen Tennisbälle zählen und nach deren Anzahl die Strafen aussprechen? »Nein«, sagte zügig der DFB. Für das Strafmaß soll alleine die Dauer der erzwungenen Spielunterbrechung ausschlaggebend sein. Da horcht der Sportrechtler auf. Weicht da der Verband etwa von seiner bisherigen Rechtsprechung ab? Ein wenig schon. Es kam, wie es kommen musste: Fast alle betroffenen Vereine wollten es sich nicht mit dem Verband verscherzen, knallten die Hacken zusammen und akzeptierten schnell die Strafen. Selbst Klubs, die sich als besonders fannah verstehen. Nur ein kleiner Verein aus der niedersächsischen Provinz geht in die Offensive.

Der VfL Osnabrück erklärte auf seiner Homepage, dass er die Strafe nicht bezahlen und gegebenenfalls nach dem sportrechtlichen Instanzenweg auch die ordentliche Gerichtsbarkeit anrufen werde. »Richtig so!«, sage nicht nur ich als Fananwalt. Viele Fans sind ob des allgemeinen Schwanzeinziehens ihrer Vereine enttäuscht und unterstützen die Lila-Weißen von der Bremer Brücke. Ein so fundamentaler, aber stets friedlicher Protest, bei dem es allein um Werte und Fußballkultur ging und hinter dem die große Mehrheit der Anhänger stand und steht, kann nicht allen Ernstes bestraft werden. Das müssen sich der DFB und seine Sportgerichte klarmachen. Wir alle sollten den VfL Osnabrück bei seinem Gang vor die ordentlichen Gerichte unterstützen. Wenn es sein muss, auch kreativ mit Tennisbällen im Stadion.

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