04.04.2024 / Ansichten / Seite 8

Volksversteher des Tages: Verkehrsminister Wissing

Felix Bartels

Volker Wissing ist ein mutiger Mann. Allein auf weiter Road stemmt er sich gegen die links-grün versiffte Nomen­klatura, in deren Rücken das globale Kapital steht. Automobil- und Ölkonzerne pumpen Milliarden in die Klimabewegung, mit dem ehrgeizigen Ziel, die Freiheit des Staatsbürgers am Lenker zu beschneiden. Doch keinem verpflichtet als seinem Gewissen, weiß der Minister über den kleinen Mann besser Bescheid als alle anderen. Klar auch, einer, der Volker heißt, muss über eine mentale Standleitung zur gemeinen Landespopulation verfügen.

Angesprochen auf eine Studie des Umweltbundesamts aus dem vergangenen Jahr, die ergeben hatte, dass ein Tempolimit von 120 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen die Treibhausgasemissionen um 6,7 Millionen Tonnen CO2 senken könnte, diktierte der Minister den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sein Spezialwissen in die Geräte: »Da geistern so viele Zahlen rum.« Studien muss man nicht beachten. Es sei denn, sie bestätigen, was Wissing für Wissen hält. Deutschland ist eines von fünf Ländern weltweit ohne Tempolimit. Im Benzinverbrauch pro Kopf liegt es auf Rang neun. Elementare Physik by the way: Je höher das Tempo, desto mehr steigt der Verbrauch im Verhältnis zur eingesparten Zeit.

Doch auch ein politisches Argument hat der Mann bei der Hand: Es sei ausgemacht, »dass nur Maßnahmen, die akzeptiert werden, auch Erfolg« haben werden. Erinnert sich noch wer an die stürmischen Proteste bei Einführung der Anschnallpflicht? Wissing macht sich seine eigene Geschichte. Und seine eigene Bevölkerung. Über ein Tempo­limit sagt er schlicht: »Das wollen die Leute nicht.« Das mag für die Besucher seiner Wahlkampfveranstaltungen noch stimmen. Für den Rest des Landes bezeugen Umfragen das Gegenteil. Dem ADAC zufolge sprechen sich 54 Prozent für ein generelles Tempolimit aus, nach Infratest Dimap 59.

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