02.04.2024 / Ausland / Seite 7

Hospital in Trümmern

Gazakrieg: Israel beendet Angriff auf Schifa-Krankenhaus. Weitere Massaker und Angriffe auf Libanon und Syrien

Gerrit Hoekman

Die israelischen Truppen haben am Montag ihren seit zwei Wochen andauernden Angriff auf das Schifa-Hospital in Gaza-Stadt beendet. Die Armeeführung behauptet, sie habe bei Kämpfen im Bereich des Krankenhauses Hunderte bewaffnete Männer getötet oder festgenommen. Das medizinische Personal bestreitet, dass sich dort Kämpfer aufgehalten haben. »Die Situation ist schlimm. Mitarbeiter des medizinischen Personals wurden getötet, andere gefoltert oder inhaftiert. Vor allem wurden Patienten zwei Wochen lang ohne medizinische Versorgung oder sogar Nahrung und Wasser belagert«, sagte ein Vertreter des Roten Halbmonds gegenüber dem Sender Al-Dschasira.

Auf dem Gelände sollen unter anderem zwei tote Männer gefunden worden sein, die mit Handschellen gefesselt waren, berichtete Reuters. In den sozialen Netzwerken kursieren Videos, auf denen angeblich rund um das Hospital tote Männer zu sehen sind, teilweise in schmutzige Decken gehüllt. Insgesamt ist die Rede von 300 Leichnamen. Der Palästinensische Rote Halbmond, das Pendant zum Roten Kreuz, erklärte, im Schifa-Hospital seien mehrere Zivilisten hingerichtet worden. Reuters konnte die Angaben nicht überprüfen.

Eindeutig ist jedoch, dass die israelischen Soldaten eine Trümmerwüste hinterlassen haben. »Es gibt kein Schifa-Krankenhaus mehr«, zitierte Reuters einen Augenzeugen. Fotos, die am Montag von der liberalen israelischen Tageszeitung Haaretz veröffentlicht wurden, zeigen ein stark beschädigtes und ausgebranntes Krankenhaus. Israel behauptet hingegen, der Angriff auf das Hospital habe »unter Vermeidung von Schaden für Zivilisten, Patienten und medizinische Teams« stattgefunden. Mitglieder der Krankenhausverwaltung seien festgenommen worden, weil sie zugelassen hätten, dass sich Kämpfer der Hamas und des Islamischen Dschihad in dem Hospital befanden.

Eine Videoaufnahme, die aus der Umgebung eines anderen Krankenhauses in Gaza stammt und die Al-Dschasira am Sonntag ausstrahlte, widerspricht der israelischen Darstellung. Auf ihr ist zu sehen, wie Menschen nach einer Explosion panikartig die Flucht ergreifen und anschließend Verwundete davongetragen werden. Demnach soll die israelische Armee ein Zelt auf dem Gelände des im zentralen Gazastreifen gelegenen Al-Aksa-Märtyrer-Krankenhauses bombardiert haben, in dem sich Kriegsvertriebene und auch Journalisten befanden. Es soll zwei Tote gegeben haben.

Ebenfalls am Sonntag veröffentlichte Haaretz einen Artikel, in dem es heißt, dass das israelische Militär in Gaza »Todeszonen« eingerichtet habe, »Bereiche, in denen sich eine Kampfeinheit in der Regel in einem verlassenen Haus einrichtet und die Umgebung zu einem militärischen Sperrgebiet wird, das jedoch nicht eindeutig als solches gekennzeichnet ist«. Jeder, der eine solche Zone betrete, werde als mutmaßlicher Terrorist erschossen. So sei auch die Zahl von 9.000 seit Oktober in Gaza getöteten angeblichen Hamas-Terroristen zu erklären, von denen Israels Armee spreche.

Gleichzeitig greift Israel weiterhin Syrien und die Hisbollah im Libanon an. Am Montag gehörten nach Angaben der israelischen Armeeführung ein Waffenlager, ein Abschusssystem und »terroristische Infrastruktur« im südlibanesischem Rakhaja Al-Fukhar zu den Zielen. Am Sonntag war der Hisbollah-Kommandant Ismail Al-Sin durch einen gezielten israelischen Luftangriff auf seinen Wagen ums Leben gekommen. Die Hisbollah bestätigte per Kurznachrichtendienst Telegram seinen Tod. Am Sonnabend waren im Südlibanon im Dorf Rmeisch drei militärische Beobachter der UNO und ein libanesischer Dolmetscher verletzt worden. Angeblich soll eine israelische Drohne verantwortlich sein, was Israel jedoch bestreitet.

In Syrien waren bereits am Donnerstag bei israelischen Luftangriffen auf ein angebliches Raketenlager in der Nähe von Aleppo und eine Militäreinrichtung in Safira mindestens 44 Menschen getötet worden. Es besteht so gut wie kein Zweifel daran, dass Israel für die Attacke verantwortlich ist. Es wäre nicht das erste Mal, dass die israelische Luftwaffe im Nachbarland zuschlägt, ohne von dort aus angegriffen worden zu sein.

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