28.03.2024 / Ansichten / Seite 8

Gerazzter des Tages: Zbigniew Ziobro

Reinhard Lauterbach

Da lacht des Staatsfeindes Herz: Ein Justizminister, wenn auch ein ehemaliger, kriegt vom Staatsschutz die Bude auseinandergenommen. So geschehen am Dienstag in Polen. Beamte des Inlandsgeheimdienstes ABW durchsuchten die Villa von Zbigniew Ziobro, Rechtsausleger der Regierung von Mateusz Morawiecki, und 24 weitere Objekte. Mit allen Schikanen: Türschlösser aufbohren im Morgengrauen, Abkleben der Überwachungskameras etc. Vier Leute, darunter ein Priester, kamen in U-Haft. Am Mittwoch kam noch eine zweite Immobilie von Ziobro unter die amtliche Lupe, und »die Ermittlungen gehen weiter«.

Begründet wurde dies alles mit Befunden des polnischen Rechnungshofes. Der hatte 2021 herausgefunden, dass Justizminister Ziobro ungefähr zwei Drittel der Mittel des aus Geldstrafen gespeisten Fonds zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern gesetzwidrig ausgegeben hatte: für rechte Thinktanks und ein Projekt des festgenommenen Geistlichen und früheren Exorzisten Michał Olszewski. Der Mann wollte ein Sendezentrum für katholische Onlinemedien am Rande von Warschau haben. Mit der Betreuung von Kriminalitätsopfern hatte er nie etwas zu tun gehabt.

Wie auch immer, die PiS tobte von »bolschewistischen Methoden«, welche die Regierung von Donald Tusk anwende. Und das alles, ohne auch nur einen Antrag auf Aufhebung der Immunitäten von Ziobro und zweien seiner ehemaligen Stellvertreter gestellt zu haben. Das ist Unsinn gleich nach zwei Seiten: Erstens hätten sich die Bolschewiki um parlamentarische Immunitäten sowieso nie gekümmert, und zweitens geschah die Razzia unter Nutzung einer Passage, die die PiS-Regierung selbst in die Strafprozessordnung eingebaut hatte: Demnach schützt die Immunität nur die Person des Abgeordneten, nicht aber sein Vermögen. Mit anderen Worten: Der PiS ist der eigene Autoritarismus auf die Füße gefallen. Hier geht auch mal Schadenfreude.

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