16.03.2024 / Ausland / Seite 2

Wenn drei sich streiten

Macron »offen« für Truppen in Ukraine, Scholz für mehr Waffen, Tusk zögerlich

Jörg Kronauer

Mit sachlich unvereinbaren Positionen sind am Freitag Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zunächst zum Zweiergespräch, dann zum Dreiergipfel mit Polens Ministerpräsident Donald Tusk zusammengetroffen. Im Mittelpunkt der Diskussionen im Berliner Kanzleramt standen der Ukraine-Krieg und die Frage, mit welchen militärischen Mitteln Kiew unterstützt werden solle. Macron hatte am Vorabend im französischen Fernsehen seine Forderung bekräftigt, »alle Optionen« müssten »offen« bleiben, darunter auch die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine. Diese sei wohl zur Zeit noch nicht nötig; doch »wenn die Situation sich verschlechtert, müssen wir bereit sein, damit Russland niemals gewinnt«. Macron drängt Berlin zudem, den Marschflugkörper TAURUS nach Kiew zu liefern. Scholz betonte Geschlossenheit mit seinen Kollegen, hatte jedoch mehrfach öffentlich erklärt, er lehne jede Entsendung von Bodentruppen ebenso kategorisch ab wie TAURUS-Lieferungen. Statt dessen wolle er »ab sofort noch mehr Waffen für die Ukraine beschaffen – und zwar auf dem gesamten Weltmarkt«.

War schon unklar, wie Macron und Scholz auf einen gemeinsamen Nenner kommen wollten, so ließ sich auch für den Dreiergipfel von Scholz, Macron und Tusk im Rahmen des Weimarer Dreiecks keinerlei Konsens erkennen. Polens Botschafter in Deutschland, Dariusz Pawłoś, hatte sich kurz vor dem Treffen im ARD-»Morgenmagazin« auf Macrons Seite geschlagen und erklärt: »Wir wissen hundertprozentig: Die Ukraine braucht auch Marschflugkörper TAURUS.« Man erlebe eine »entscheidende Phase dieses Krieges« und solle »Mut haben«, »etwas mehr zu erreichen«. Von einem umfassenderen französisch-polnischen Schulterschluss konnte dennoch keine Rede sein; erst am Dienstag abend war beim Besuch von Tusk und Polens Präsident Andrzej Duda in Washington bekanntgeworden, dass Polen Kampfhubschrauber und Flugabwehrraketen für mehrere Milliarden US-Dollar in den USA kaufen wird. Das ist ein Schlag ins Gesicht für Macron, der sich nach Kräften für eine Stärkung der europäischen Rüstungsindustrie einsetzt.

Schon vorab hieß es denn auch, mit konkreten Ergebnissen sei bei den Gesprächen nicht zu rechnen. Es gehe vielmehr darum, Einigkeit, wenn sie denn schon nicht zu erreichen sei, so doch zumindest zu demonstrieren.

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