06.03.2024 / Ausland / Seite 2

»Historisches« Votum in Paris

Schwangerschaftsabbruch in Verfassung aufgenommen

Ina Sembdner

»Mein Körper, meine Entscheidung«: Diese Forderung wurde am Montag abend auf den Eiffelturm in Paris projiziert. Darunter jubelten Menschen, als sie das Ergebnis der Abstimmung auf einem Großbildschirm verfolgten. Bei einer Sitzung beider Parlamentskammern votierten 780 Abgeordnete in Versailles für die Verankerung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch in der französischen Verfassung. Nur 72 Abgeordnete stimmten dagegen und damit gegen eine Mehrheit von mehr als 80 Prozent der Französinnen und Franzosen.

Viele Abgeordnete feierten die Abstimmung als »historisch«. Die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei La France insoumise (LFI), Mathilde Panot, sah darin ein Versprechen für alle Frauen, die weltweit für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch kämpften. Frankreich besinne sich auf seine Berufung als »Leuchtturm der Menschenrechte«, sagte Panot, die den ersten Entwurf für die Verfassungsänderung eingebracht hatte. Dafür feiern lassen wird sich jedoch Präsident Emmanuel Macron, der die offizielle Zeremonie zur Verfassungsänderung auf den Internationalen Frauenkampftag am Freitag gelegt hat. Macron schrieb auf X: »Frankreichs Stolz. Universelle Botschaft.«

Es ist vor allem ein symbolischer Akt, der das Recht auf Schwangerschaftsabbruch jedoch vor politischer oder juristischer Einflussnahme beschützt, wie beispielsweise in den USA (Aufhebung des landesweiten Rechts durch den Supreme Court 2022) und Polen (nahezu vollständiges Verbot seit 2021). In Frankreich sind Abbrüche bis zur zehnten Schwangerschaftswoche bereits seit 1975 straffrei. Mittlerweile ist das Recht auf Schwangerschaftsabbruch auf Krankenschein bis zur 14. Woche gesetzlich gewährleistet.

In Deutschland wird ein Schwangerschaftsabbruch nach wie vor im Strafgesetzbuch geregelt und damit kriminalisiert – wenn auch straffrei in den ersten zwölf Wochen nach einer verpflichtenden Beratung. Während die Ampelregierung auf das Ergebnis einer Kommission (Mitte April) dazu wartet, forderte die Partei Die Linke eine Verankerung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch nach französischem Vorbild im Grundgesetz. »Das Recht auf körperliche Selbstbestimmung ist ein Grundrecht, deshalb gehört es ins Grundgesetz«, sagte Parteichefin Janine Wissler am Dienstag dem Portal t-online. Nur auf diese Weise »wäre das Recht vor Angriffen durch rechte Kräfte geschützt«.

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