26.02.2024 / Inland / Seite 4

In Stellung gebracht

Zwei AfD-Landesparteitage wählen Führungsspitzen. Ein dritter verabschiedet Kommunalwahlprogramm

Henning von Stoltzenberg

Die AfD blickt auf ein ereignisreiches Wochenende zurück, das einmal mehr die Machtkämpfe und Zerstrittenheit innerhalb der rechten Partei zutage treten ließ. In Rottweil (Baden-Württemberg) und Marl (NRW) wurden nach teils kontroversen Debatten neue Führungsspitzen gewählt. In Dabel (Mecklenburg-Vorpommern) stimmte sich die Partei auf die kommende Kommunalwahl am 9. Juni ein.

Nach anfänglichem Tumult auf dem Parteitag in Rottweil hat sich das Führungsduo im Amt behaupten können. Der Bundestagsabgeordnete Markus Frohnmaier und der Landtagsabgeordnete Emil Sänze wurden am Sonnabend abend als Kovorsitzende des Landesverbands bestätigt. 75,7 Prozent der Mitglieder stimmten für Frohnmaier, 24,3 Prozent gegen ihn. Für Sänze votierten 76,46 Prozent, gegen ihn 23,54 Prozent. An den Wahlen beteiligten sich rund 900 Mitglieder. Zuvor war fraglich gewesen, ob der Parteitag wegen Überfüllung der Stadthalle abgebrochen werden muss. Die Anwesenden mussten zunächst die Tagungshalle verlassen, um die Stimmberechtigung zu überprüfen. Die Atmosphäre im Saal war aufgeheizt, das Programm verzögerte sich um Stunden.

In dem Landesverband tobt ein Machtkampf: Dem Führungsduo, das der Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel und ihren Anhängern nahesteht, steht das Lager um den Bundestagsabgeordneten Dirk Spaniel gegenüber. Sieben Mitglieder des alten Vorstands gelten als »Dirkianer« und stellten zuletzt die Mehrheit. 22 der 37 Kreisverbände hatten deshalb den Sonderparteitag in Rottweil gefordert und damit verbundene Vorstandswahlen, um die Machtverhältnisse endgültig zu klären. Schließlich stehen bald wichtige Abstimmungen an: die Kommunal-, die EU- und die Bundestagswahl. Es geht um die Aufstellung von Listen, um Macht, Ämter und Posten. Mit der Bestätigung von Frohnmaier und Sänze konnte sich das Weidel-Lager endgültig durchsetzen. Gegen keinen der beiden Kandidaten wollte am Ende jemand antreten.

In NRW konnte sich der gemäßigt auftretende Martin Vincentz als AfD-Landeschef für weitere zwei Jahre behaupten. Er will nach eigenen Aussagen die Partei »vom extremistischen Rand« fernhalten. Der Parteitag in Marl wählte den 37jährigen Mediziner am Sonnabend mit 78,33 Prozent der Stimmen erneut an die Spitze der Landespartei. Es war nach Parteiangaben das bisher beste Ergebnis bei der Wahl eines Landesvorsitzenden in NRW. Einen Gegenkandidaten hatte der amtierende Parteichef und Landtagsfraktionsvorsitzende anders als bei seiner ersten Wahl vor zwei Jahren nicht.

Vincentz werden auch bundespolitische Ambitionen auf einen künftigen Bundesvorsitz nachgesagt. In seiner Bewerbungsrede schwor Vincentz seinen Landesverband darauf ein, bei den NRW-Kommunalwahlen und der Bundestagswahl 2025 starke Ergebnisse einzufahren. Im Mai 2022 kam die Partei bei der Landtagswahl auf 5,4 Prozent. Umfragen sahen sie im bevölkerungsreichsten Bundesland zuletzt bei 13 bis 15 Prozent. Einen Dämpfer erhielt sein Lager bei der Wahl zu den weiteren Vorstandsplätzen. So setzte sich der fraktionslose Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich auf einem der fünf Beisitzerposten durch. Helferich steht wegen Äußerungen in Chatgruppen in der Kritik. Er bestritt nicht, sich in einem der Chats als »freundliches Gesicht des NS« bezeichnet zu haben. Der Begriff sei lediglich eine Fremdzuschreibung von linken Bloggern gewesen, die er »persifliert« habe.

Mecklenburg-Vorpommerns AfD-Landeschef Leif-Erik Holm hat auf dem Parteitag in Dabel seine Partei auf einen engagierten Wahlkampf für die Kommunalwahlen am 9. Juni eingestimmt. Nach kurzer Debatte verabschiedeten die rund 180 Teilnehmer einstimmig ein Kommunalwahlprogramm. Schwerpunkte sind dabei die Stärkung des ländlichen Raums, die Drosselung der Energiewende sowie die Begrenzung der Migration. Holm erneuerte zudem den Anspruch der Partei auf kommende Regierungsbeteiligungen. Eine stärkere Verankerung in den Kommunalparlamenten und eine bessere Vernetzung an der Basis seien dafür wichtige Etappenziele.

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