23.02.2024 / Ansichten / Seite 8

Schlusslicht BRD

Wirtschaftsflaute in Deutschland

Sebastian Edinger

»Die energieintensive Industrie zieht wieder an«, erklärte Robert Habeck am Donnerstag im Bundestag mit Verweis auf gefallene Gaspreise. »Sie produziert jetzt wieder mehr.« Für einen Moment klang der Wirtschaftsminister so, als hätte er etwas Gutes zu verkünden. Doch es ging um die wirtschaftliche Entwicklung der BRD nach gut zwei Jahren Ampelregierung, das Gegenteil war also der Fall. Vor der Regierungserklärung hatte Habeck am Mittwoch den Jahreswirtschaftsbericht seines Ressorts präsentiert, mit dem die Bundesregierung die ohnehin schon magere Wachstumsprognose von 1,3 Prozent für das laufende Jahr drastisch absenkte – auf nun lediglich noch 0,2 Prozent beziehungsweise Stagnation.

Gut möglich, dass dieses Miniplus von der Realität noch unterboten werden wird und die deutsche Wirtschaft wie 2023 weiter schrumpft. Schließlich hat die Bundesregierung bei ihren Prognosen in der Vergangenheit stets eine gute Portion Zweckoptimismus an den Tag gelegt, und der Internationale Währungsfonds sagt für die BRD schon jetzt ein Minus von 0,4 Prozent vorher. So oder so kommt Habeck nicht mehr umhin einzugestehen, dass man langsamer aus der Krise kommt »als erhofft«. Oder anders: langsamer als alle anderen Industriestaaten. Im OECD-Schnitt wird ein BIP-Zuwachs von 2,9 Prozent erwartet. Auch im EU-Schnitt sind die Raten für 2024 wie schon im vergangenen Jahr positiv.

Um den Anschluss nicht vollends zu verlieren, will Habeck jetzt einen »Reformbooster«. Doch enthalten soll dieser weder effektive Energiepreisbremsen noch öffentliche Investitionen. Auch höhere Renten, ein angemessener Mindestlohn oder sonst etwas, was den wirtschaftlichen Niedergang abbremsen könnte, wurde nicht angekündigt. Statt dessen setzt der Wirtschaftsminister auf weitere Steuerentlastungen für Unternehmen, Bürokratieabbau und darauf, »alles Wissen und Können, alle Hände und Köpfe, alle Talente und Fähigkeiten« zu verwerten. Betreuen und Betreutwerden war gestern, jetzt ist Fachkräftemangel. Wer noch halbwegs laufen kann, mache sich auf den Weg zur Werkbank.

Ein wichtiger Schritt dieser Art von Konjunkturpolitik soll das »Wachstumschancengesetz« werden, das vor allem Steuersenkungen für Unternehmen enthält und damit die Hoffnung verknüpft, dass diese dann unbeschadet der enormen Nachfrageschwäche mehr investieren. Nach aktuellem Stand scheitert allerdings selbst die von sieben auf drei Milliarden Euro abgespeckte Version des Gesetzes am destruktiven Machtstreben der Union, die im Bundesrat genüsslich blockiert.

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