21.02.2024 / Ausland / Seite 7

Gala mit Zwischenfällen

Hillary Clinton und Ban Ki Moon in Berlin geehrt. Wikileaks zeigt besondere Verbindung der beiden. Proteste zu Gaza

Einen Tag bevor die Verteidigung des Wikileaks-Mitbegründers Julian Assange vor dem Londoner High Court verhandelt wird, war die ehemalige US-Außenministerin und Präsidentschaftskandidatin von 2016, Hillary Clinton, anlässlich der »Cinema for Peace«-Gala 2024 in Berlin. Clinton betrat die Bühne im Theater des Westens für ein »Kamingespräch« mit der US-amerikanischen Journalistin Ann Curry. Nachdem Clinton mehrere Minuten lang dafür plädiert hatte, dass die USA und die EU-Länder »größere Konsequenzen für Putin« ziehen und die Ukraine mit Munition und Luftunterstützung versorgen sollten, protestierten mehrere Zuschauer gegen ihre außenpolitischen Positionen, bezogen hauptsächlich auf den israelisch-palästinensischen Konflikt. Bei der ersten Störung wurde sie als »Kriegsverbrecherin« bezeichnet, und es wurde skandiert: »Hillary, Hillary, du kannst dich nicht verstecken. Du unterstützt Völkermord.«

Die Demonstranten wurden jeweils so schnell wie möglich entfernt, wobei sich die gehorsamen Zuschauer oft vorsorglich von ihren Plätzen erhoben, um dem Sicherheitsteam Zugang zu der Person zu verschaffen, die sich nicht an die Regeln hielt. Der Moderator des »Cinema for Peace« erklärte, dass wir hier in einer liberalen Demokratie freie Meinungsäußerung haben, anders als in Russland, wo solche Leute verhaftet würden. Unter dem Deckmantel der Vernunft wurde vorauseilender Gehorsam gefordert, dem die anderen Zuschauer weitgehend pflichtbewusst nachkamen. Hillary selbst wies darauf hin, dass Schreien keine Lösung sei, sondern dass eine Diskussion gefordert wäre. Bemerkenswert war, dass es keinen Raum für Fragen oder Diskussionen aus dem Publikum gab.

Clinton ist in der Tat eine wichtige Figur im Auslieferungsverfahren gegen Julian Assange. Sie hat sich nicht nur mehrmals öffentlich über den Charakter von Assange geäußert, als sie von 2009 bis 2013 als Außenministerin im Amt war. Mehr noch war ihr Ministerium 2010 und 2011 direkt von der Veröffentlichung von mehr als 250.000 diplomatischen Depeschen betroffen, die bis in die 1960er Jahre zurückreichen. Wikileaks beschreibt das »Cablegate«-Archiv als »das bedeutendste geopolitische Material, das jemals veröffentlicht wurde«.

Seit mehr als einem Jahrzehnt hat Assange Bedenken wegen einer Auslieferung an die Vereinigten Staaten als Folge der Wikileaks-Enthüllungen geäußert, insbesondere der Leaks, die systemische Korruption und Kriegsverbrechen enthüllten. Die ecuadorianische Regierung gewährte ihm im August 2012 Asyl, weil ihm aufgrund seiner »Veröffentlichungstätigkeit und politischen Ansichten derzeit und in Zukunft Verfolgung und grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung in den Vereinigten Staaten drohen«. Er lebte danach fast sieben Jahre lang in der Londoner Botschaft Ecuadors. Am 11. April 2019 wurde Assange von der britischen Polizei aufgrund eines Auslieferungsersuchens der USA gewaltsam abgeführt und verhaftet, nachdem die Anklage gegen ihn wegen »Verschwörung zum Eindringen in Computer« veröffentlicht worden war. Er wird im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh festgehalten, das den Spitznamen »Großbritanniens Guantanamo Bay« trägt.

Ein von der damaligen Außenministerin Clinton unterzeichnetes Telegramm vom Juli 2009, das 2010 im Rahmen von »Cablegate« veröffentlicht wurde, beschreibt die Einrichtung einer »neuen Nationalen HUMINT-Sammelrichtlinie (NHCD) zu den Vereinten Nationen«, in der Beamte des Außenministeriums und von Nachrichtendiensten aufgefordert werden, umfassend detaillierte Informationen über »Spitzenbeamte und ihre Mitarbeiter« zu sammeln, insbesondere über die Mitglieder des Sicherheitsrats und den UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Auf der Liste der zu sammelnden »relevanten« Daten stehen »persönliche, biographische und biometrische Informationen« und sogar »Details über kommerzielle und private VIP-Netzwerke, die für die offizielle Kommunikation genutzt werden, einschließlich Upgrades, Sicherheitsmaßnahmen, Passwörtern, persönlichen Verschlüsselungscodes und Arten der verwendeten VPN-Versionen«. Am Montag, mehr als ein Jahrzehnt später, wurden sowohl Ban als auch Clinton auf der gleichen Veranstaltung geehrt, als ob sie gleichberechtigt wären. (jW)

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