27.10.2020 / Ausland

Erdogan ruft zum Boykott französischer Waren auf

Ankara/Berlin. Im Streit um Äußerungen des französischen Staatschefs Emmanuel Macron über den fundamentalistischen Islam hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zum Boykott französischer Waren aufgerufen. »Achtet auf französisch gekennzeichnete Waren, kauft sie nicht«, sagte Erdogan am Montag in einer im Fernsehen übertragenen Rede und schloss sich einer Reihe von Boykottaufrufen aus islamisch geprägten Ländern an. Hintergrund ist Macrons Reaktion auf die Ermordung des französischen Geschichtslehrers Samuel Paty, der im Unterricht Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt hatte. Macron hatte daraufhin strengere Kontrollen von Moscheen und anderen muslimischen Einrichtungen angekündigt. Erdogan riet dem Präsidenten, seinen »Geisteszustand untersuchen« zu lassen. »Feindlichkeit gegenüber dem Islam und den Muslimen ist in manchen europäischen Ländern zu einer Politik geworden, die auf Ebene der Staatschefs persönlich ermutigt und unterstützt wird«, sagte Erdogan am Montag in Ankara. »Ihr seid im wahrsten Sinne des Wortes Faschisten«, befand er.

Die Bundesregierung in Berlin hat derweil in der Antwort auf eine Anfrage der Linken-Außenpolitikerin Sevim Dagdelen Verbindungen Erdogans und der türkischen Regierungspartei AKP zu Islamisten bestätigt. Verwiesen wird in der Antwort, die der Nachrichtenagentur AFP am Montag in Berlin vorlag, auf zunehmend offene Kontakte zu der in Deutschland immer wieder vom Verfassungsschutz beobachteten Milli-Görus-Bewegung (IGMG). Erdogan habe »seine ideologischen und politischen Wurzeln« in der Milli-Görus- Bewegung, heißt es in der Regierungsantwort. Verwiesen wird auch auf Verbindungen von Funktionären von IGMG und Muslimbruderschaft zu der türkischen Religionsbehörde Diyanet und zu dem Verein Ditib, der Dachorganisation der meisten türkisch geprägten Moscheevereine in Deutschland. (AFP/dpa/jW)

https://www.jungewelt.de/artikel/389630.erdogan-ruft-zum-boykott-französischer-waren-auf.html