14.11.2018 / Feuilleton / Seite 1 (Beilage)

Mit offenen Augen

111 Fotografinnen und Fotografen haben sich am diesjährigen Fotowettbewerb der jungen Welt beteiligt

Michael Merz

Äußerst sehenswert sind sie, die Ergebnisse der diesjährigen »Blende«-Saison. Mit offenen Augen und geschärften Sinnen sind 111 Fotografinnen und Fotografen für junge Welt losgezogen, haben für uns Betrachter Werke geschaffen, die zum Nachdenken, zum Aufregen oder einfach nur zum Schmunzeln verführen. Wie die Jahrhundertfotografin Berenice Abbot, die einst auf Streifzüge durch New York ging und sich zum Motto gemacht hatte: »Lebendige Fotografie lässt Neues entstehen, sie zerstört niemals. Sie verkündet die Würde des Menschen. Lebendige Fotografie ist bereits positiv in ihren Anfängen, sie singt ein Loblied auf das Leben.« Dass sich daran auch im digitalen Zeitalter nichts geändert hat, unterstreichen die jW-Einsendungen zum »Blende«-Wettbewerb der Tageszeitungen und der Prophoto GmbH zweifellos. Eine politische Aussage mit sozialer Sprengkraft lässt sich bei etlichen Bildern nicht verleugnen. Klar, junge Welt hat mit »Blende« dafür die optimale Plattform. Und oft kommt auch der Spaß am Leben nicht zu kurz, wie auf den folgenden Seiten zu sehen ist.

Fotografieren ist eine generationsübergreifende Leidenschaft: Der jüngste Teilnehmer nahm mit gerade einmal acht Jahren die Kamera zur Hand, der älteste ist 84. Auch 50 Schülerinnen und Schüler der Foto-AG des Gymnasiums Klotzsche in Dresden waren wieder dabei. Insbesondere beim Jugendthema »Das bewegt mich« – mit 98 Einsendungen das beliebteste in diesem Jahr – wurden sie von der jW-Jury mit guten vorderen Plätzen bedacht. Besonders erwähnenswert ist in dieser Kategorie das aufrüttelnde Porträt zweier junger Frauen, geschossen von der 16jährigen Lilly Schönherr, das sich mit Schönheitswahn, Vorurteilen und dem eigenen Selbstbild auseinandersetzt.

Auch bei den Themenbereichen »Ecken und Kanten« und »Lost Places« – mit 70 bzw. 77 Einsendungen – hatte die Jury keine leichte Aufgabe, die Preisträger zu bestimmen. Beeindruckend ist beispielsweise Susanne Haußmanns Aufnahme aus Luanda, der Hauptstadt Angolas, oder Andrea Ocampos Bild einer verlassenen Fabrik in Görlitz. Für die Rubrik »Abschied« gab es weniger Zusendungen, aber dafür mindestens genauso bewegende Bilder, wie etwa Roswitha Heitjohanns »Erinnerung«. Ein herzlicher Dank gilt allen Fotografinnen und Fotografen, die sich an »Blende 2018« beteiligt haben!

https://www.jungewelt.de/beilage/art/343841