05.11.2018 / Feuilleton / Seite 10

Wahre Tierrechte (28)

Wiglaf Droste

Melissa hatte von Jochens Aufschrei wenig verstanden; Rummenigge, Lippstadt, Fußball, all das sagte ihr wenig. Eine zweite, noch dumpfere Stimme ertönte und machte auch dem letzten Doldi klar, was hier mit der »Würde des Menschen« gemeint war. »Einen Scheißdreck hat der zusammengespielt. Einen Scheißdreck!« japste es überdreht aus strapazierten Stimmbändern, und Jochen stand kurz vor einem Ganzkörperkrampf. »Uli Hoeneß und das Grundgesetz! Nichts, wirklich nichts geht mehr. Rien ne va plus. Les jeux sont faits!« stöhnte er fatalistisch.

»Ach das ist bloß schmutziges Geschäft«, tröstete Melissa, und auch Lia winkte ab. »Die Typen kannst du so in der Pfeife rauchen wie den Verein und den ganzen Fußball. Die kriegen den Hals nicht voll. Vielleicht sollte man ihnen mal einen ganzen aufgepumpten Ball zwischen die Kiemen schieben. Daran könnten sie dann schön ersticken.« Jochen freute sich über so viel Klarheit und Kampfgeist, die ihn umgaben und sein Hirn wieder aktivierten. Folgerichtig wollte er das Radio ausschalten, als ein Sprecher gerade sagte, Papst Franziskus hätte jeden Arzt, der eine Abtreibung vornehme, wörtlich mit einem »Auftragskiller« gleichgesetzt. »Da kann man ja gespannt sein, was der Papst zur Abtreibung des Journalisten Chaschukdschi durch saudische Ärzte sagt«, knurrte Jochen in sich hinein. Die Welt war völlig aus den Fugen, soviel stand fest.

Fortsetzung folgt

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