07.08.2017 / Feuilleton / Seite 11

Eier zeigen

Dusan Deak

Nach dem Skandal um vergiftete Eier aus den Niederlanden und Niedersachsen hat Aldi alle Eier aus den Regalen genommen. Es handle sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme, teilte der Discounter mit. Zunächst seien nur Hühnereier betroffen. Eine Ausweitung der Maßnahme auf Ostereier, Eier des Kolumbus oder Kinderüberraschungseier werde geprüft.

Wie die Insektizide, die sonst nur zur Reinigung von Atomkraftwerken und Dieselmotoren sowie zur Bekämpfung von Filzläusen eingesetzt werden, in die Eier kamen, ist noch unklar. Schuld sind womöglich Niederschläge, die ganze Straßenzüge und Campingplätze unter Wasser setzten und das Gift in die Eier spülten. Dabei versichern uns alle Wetterastrologen, dass wir den (statistisch) schönsten Sommer seit hundert Jahren erleben und die Wassermengen, aufs Jahr umgerechnet, eher im unteren Durchschnittsbereich liegen.

Die Eierindustrie ist alarmiert und um ihr Image besorgt. Eine einfache Softwarelösung wird nach Meinung der Experten kaum ausreichen. Kanzlerin Merkel will gleich nach ihrem Wanderurlaub einen Eiergipfel einberufen. Dort soll ein Zehn-Punkte-Sofortprogramm verabschiedet werden: Wo ein Ei zuerst gelegt wurde, dort muss es bleiben. Ab sofort keine Dieseleier mehr. Die anderen Punkte sind noch geheim. Die Veröffentlichung könnte die Bevölkerung zusätzlich verunsichern. Außerdem will Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sie noch von der Eierindustrie absegnen lassen, um sie nach den notwendig gewordenen Neuwahlen in seine Regierungserklärung aufzunehmen.

Nötig wurden die Neuwahlen durch den Wechsel der Landtagsabgeordneten Elke Twesten von den Grünen zur CDU. Sie sieht sich in der Tradition eines Günter Verheugen, der 1982 mit einigen Gleichgesinnten von der FDP zur SPD ging, und später dafür mit dem Posten eines EU-Kommissars belohnt wurde.

Es scheint allerdings an der Zeit, den Handel mit Landtags- und Bundestagsmandaten neu zu regeln. Eine einfache Quoten- und Genderregelung nach Vorstellung der Grünen ist wohl nur noch in bezug auf Floh- und Wochenmärkte zeitgemäß. Wenn es um Parlamentsmandate geht, erwartet der Bürger mehr Transparenz. Es drohen Verhältnisse wie im Fußball.

Schon jetzt werden für Parteiwechsel von Abgeordneten und Kandidaten unverschämte Ablösesummen verlangt. Agenten von Christian Lindner (z. Zt. FDP) sollen zweistellige Millionenbeiträge aufrufen. Die Summen für Martin Schulz befinden sich momentan im freien Fall. Einen Wechsel von Frauke Petry (plus Ehemann Marcus Pretzell) würde die AfD hingegen mit Bonuszahlungen in fünfstelliger Höhe unterstützen.

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